Vathykelou – Erétria

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Tag 141 – 145 (19. - 23.08.2022) Wetter: zunächst sommerlich heiß, bis zu 32°C, dann unbeständig, bedeckt, Wind bei 2 - 6 Bft, zumeist aber windarm

Diese Ankerbucht Vathykelou ist wieder einer der Ankerplätze, an denen man für Tage verweilen könnte. Abgeschiedenheit, Ruhe, praller Sternenhimmel in warmen Nächten und klares türkisfarbendes Wasser, eigentlich alles da.
Und so gönne ich mir einen zweiten Tag in dieser schönen Bucht mit den Hängen voller Olivenbäumen. Schade, dass die Früchte noch nicht reif sind.

Dann aber muss ich weiter in Richtung Süden, ich möchte in der kommenden Woche in der Gegend von Athen sein, ich muss die Ersatzteile für die Ruderhydraulik in Empfang nehmen.

Am Samstag, 20.08.2022, fahre ich im Golf von Evia nach Atalantis, zunächst unter Segel, dann bei einer 6 wegen der aufkommenden Wellen hart auf Amwindkurs mit Motorunterstützung, um nicht in den Wellen festzuklemmen. Das ist schon sonderbar, man fährt mit gerefftem Tuch und müsste bei 5 – 6 kn Geschwindigkeit aufbauen, wegen der Strömung und Wellendichte schafft das Boot ohne Motor nur die Hälfte.

Mit diesen Winden fahre ich in den kleinen Fischereihafen von Scála Atalanti ein, ich kann dort allerdings mangels ausreichender Tiefe nur mittig im Hafenbeckens ankern, bin aber froh, dass ich geschützt hinter den Kaimauern liegen darf.
Die Nacht wird einigermaßen entspannt.

Der Folgetag fängt seglerisch wieder bei einer schwachen 3 an, steigert sich auf eine tüchtige 5 und so kann ich trotz der sich wieder aufbauenden massigen Wellen recht entspannt segeln.
Als Ankerplatz habe ich mir die Bucht von Lárymna ausgesucht ohne weitere Infos einzuholen.
So war ich erst ein wenig enttäuscht, als ich diese riesige Industrieanlage vorfand, wo sich gegenüber an Steuerbord die Kleinstadt Lárymna in zwei Hafenbecken einschmiegt.
Wegen der Welle,  die von NO in die Bucht drückt, fahre ich bis in das hintere Hafenbecken und lasse etwa gegenüber der Erzabbauanlage mit seinem großen Schlot, Förderbändern und anderen Stahlbauten den Anker fallen.

Das kleine Städchen gegenüber dieser Industrieanlage scheint zu sterben, zahlreiche Hauser, Gaststätten und Geschäfte sind aufgegeben und verlassen.
Ich kann zwei junge Griechen hiernach fragen und sie erzählen, dass dieser Erzverhüttungsbetrieb vor etwa 5 Jahre geschlossen wurde, die meisten Bewohner hätten dort Arbeit gefunden. Seither sieche die Stadt vor sich hin, viele seien weggezogen und kaum einer kümmere sich um die Verbliebenen, von den viele der kommunistischen Idee anhängen.

Es ist schade, die Stadt hat eine schöne Uferzeile, von der man allerdings auf die Industrieanlage , aber auch auf den Golf von Evia mit seine bizarren Bergketten schauen kann.
Zudem hat die erste Bucht und auch die Innere Reste alter Hafenbefestigungen aus makedonischer Zeit.

Ich starte am folgenden Tag in die Meerenge von Khalkis, wo zunächst eine Engstelle mit beweglicher Brücke zwischen der Insel Evia und dem Festland passieren muss.

Auf cruiserwiki.org ist nachzulesen, dass die Brückenpassage in Khalkis etwas ganz besonderes sei, es herrsche in dieser Meerenge eine Strömung von bis zu 7 Knoten, abwechselnd in beiden Richtungen, der Schiffsverkehr wird durch die bridgecontrol entsprechend eingeschränkt und nur einmal am Tag bei nahezu stillstehendem Wasser freigegeben.

Die Passage muss vorher angemeldet werden. Dazu geht man in das Office der Brückenverantwortlichen, legt dort die Schiffspapiere vor und darf entsprechend der Bootslänge in Fuß Euros übergeben. Dazu wird noch der Liegeplatz für die Wartezeit bis zur Brückenöffnung in einem der Stadthäfen in Rechnung gestellt und für Wasser und Strom erhält man eine gebührenpflichtige Servicekarte, die aber für eine ganze Reihe andere Häfen nutzbar ist. Ingesamt wechseln etwas über 50€ den Besitzer und ich bekomme eine Zeit ab 21.00 Uhr mitgegeben, in der ich auf standby im Hafen sein muss, man werde mich über Funk ansprechen.

Diese Vorgehensweise erläutert mir auch noch ein deutscher Segler namens Franz Huber, ein pensionierte Kriminalbeamter, der zusammen mit seinem Freund Charlie auf einer Dehler 32 auch auf dem Weg nach Süden ist und auch auf Durchfahrt wartet.

Da eine der wenigen Servicestellen für Wasser und Strom nahe seines Liegeplatzes ist, kann ich bei ihm im Päckchen festmachen und gemeinsam warten wir die Brückeöffnung ab.
Nicht erklären kann er mir das Ereignis der massiven Strömung. Er sei seit Jahren mit seiner Dehler in Griechenland unterwegs und auch schon mehrfach durch diese Engstelle gefahren und selbst Experten seien sich zum Phänomen des Wasserdrucks uneins, der sich mangels Tidenhub auch nicht plausibel erklären lässt.

In der Tat rauscht an unseren Booten ein mächtiger Strom vorbei in Richtung Brücke, der allerdings nach Mitternacht zu kentern beginnt.

Gegen 01.00 Uhr fordert die Brückenkontrolle, eine energische Dame, die Boote über Funk einzeln auf, sich für die Passage klar zu machen. Etwa 20 Minuten später setzt sich ein Konvoi von etwa einem Dutzend Segler in Bewegung. Es ist imposant, dieses Gedrängel, das Wenden und schließlich die Kettenbildung.
Darin fahren die Boote durch die Passage der eingezogenen Brücke, wo an in der Engstelle hinter den Absperrgittern beidseitig Passanten jubeln und winken. Die Skipper erwidern die Grüße, es ist wirklich etwas Besonderes.

Hinter der Brücke geht der ganze Armada in das Ankerfeld und überall rasseln die Ankerketten in die Tiefe. Es geht gegen 02.00 Uhr.
Ich überschlage vor dem Einschlafen noch kurz die Einnahmequelle. Wenn nur 10 Boote pro Tag durch die Engstelle fahren und es sind zumeist größere Boote als die „Lotus“, also 10 mal wenigstens 50€ pro Tag und die Saison hat x Tage…

Es ist mittlerweile Dienstag im Ankerfeld und gegen 10.00 Uhr startet die „Lotus“, gefolgt von der „Serena“ von Franz und Charlie. Es geht nach Erétria, 18 sm weiter südlich wieder zum Ankern in eine Bucht. Der Wetterbericht kündigt bedeckten Himmel an, aber keinen Segelwind. So verbrauche ich wieder Diesel. Diese Flaute soll die ganze nächste Woche anhalten. Na denn.

Erétria ist eine Kleinstadt, die sich wieder touristisch ausgeprägt hat, die Hafenmeile rund um die Bucht besteht aus der üblichen Ansammlung von Restaurants und Bars sowie kleinen Geschäften. Aber es geht wie überall entspannt zu, man ist in Urlaubsstimmung.

Am Nachmittag kommt Wind auf, die Boote, es sind wieder fast 10, die sich vor dem Badestrand einfinden, tanzen an den Ankerketten in den Wellen bei 6 Windstärken. Nach 2 Stunden ist das Spektakel, das sich nahezu täglich zu wiederholen scheint, vorbei. Ich nenne dieses Phänomen das „Nachmittagsstürmchen“.

Mit Franz und Charlie fahre ich abends per Dinghi zum Essen. Charlie, ein Gourmet, hat uns ein gutes Lokal ausgesucht, wir essen hervorragend eine mehrteilige warm-kalte Vorspeisenplatte bei einem guten Weißen, Charlie hat ihn vorgekostet und das „okay“ gegeben.

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