Tag 26 – 30 (11. - 16.04.2023) Wetter: frische Nächte, sehr wechselhaft, windig bis 7 Bft und mehr
Nachdem ich dem Agenten 50€ für seine Dienste des Ausklarierens entrichtet habe, mache ich mich auf den Weg nach Bar/Montenegro, wo ich bei zunächst angenehmen Winden unter Sonne bis in eine Bucht bei Borovoa Cesma gefahren bin, um eine Pause einzulegen und um neuen Wind abzuwarten.
Kaum 30 Minuten nach dem Ausbringen des Ankers werde ich von einer „Kojak“-Sirene aus meiner Ruhelage in der Messe gerissen und eile in die Plicht, wo ich ein völlig übermotorisiertes Polizeiboot (3 x Yamaha 350) mit zwei Uniformierten neben dem Heck der „Lotus“ stehen sehe.
Mir wird klar gemacht, dass ich nicht ankern sollte und ich hätte mich nicht umgehend in nach Querung der Seegrenze in Bar/MNE zum Einklarieren eingefunden, das sei illegal und man möchte meine Papiere. Die händige ich aus und habe den Auftrag, umgehend zur Borderpolice nach Bar zu kommen, mit meiner Dokumentenmappe fahre man schon voraus.
Ich ahne, dass das nicht gut ausgeht und muss mir von dem Schichtleiter der Borderpolice im Hafen von Bar, wo ich kurz nach Mitternacht eintreffe, vorwerfen lassen, dass ich mich nicht über Funk auf Anruf gemeldet habe und gegen die Bestimmung des umgehenden Einklarierens verstoßen habe. Alle Einwände sind umsonst, ich habe 100€ Bußgeld zu entrichten (mit Rabat 67€), dann könne ich meine Papiere nehmen und gehen. Und sei ich nicht einverstanden, werde man mit mir am Morgen zu einem Richter fahren, insgesamt werde das dann wohl drei Mal so teuer.
Ich bin völlig konsterniert und fühle mich ungerecht behandelt, insbesondere der Vorwurf der mangelnden Funkwache stimmt nicht, ich war im Steuerstand mit der Kontrolle der Ankerwache beschäftigt, als Radio Dubrovnik eine Securité-Meldung mit einer Sturmwarnung versendete.
Auf meine Forderung hin kommt dann noch der Chef dieser Dienststelle, gestylt im schwarzen Trainingsanzug, des Englischen nicht mächtig (?) und außerdem offensichtlich ungehalten. Er ist gleicher Ansicht wie sein Schichtleiter, seine Untergebenen haben korrekt und nach Vorschrift gehandelt und wenn ich nicht…usw., ich kenne das schon.
Ich stimme schließlich dem kurzen Verfahren zu, verweigere die Unterschriften auf zwei Dokumente, die ich nicht lesen kann und werde zum Bargeldautomaten gefahren, um dann das Bußgeld und anschließend bei der Hafenkommandantin die Vignette für eine Woche Aufenthalt in MNE für 21€ bezahlen zu können. Aber immerhin, die Abgabe eines Durchschlags der Crewliste im Anschluss bei der Zollbeamtin war kostenfrei.
Es ist mittlerweile 01.40 Uhr, ich muss noch ein Platz in der Marina finden und werde von dessen Nachtportier an einen Steg gegenüber der Tankstelle geleitet.
Die Marina Bar ist mit 47€ pro Nacht ein wenig überbezahlt, WLAN gibt es nur am Büro der Hafenmeisterei, die Sanitärabteilung ist verdreckt und die Stege habe teils offene Versorgungsschächte, diverse Abdeckungen sind zerbrochen.
Aber ich hatte mich in der Marina mit Džemal verabredet, der mir den LiFePo4-Akku und andere Sachen aus Deutschland übergeben will. Es kommt sein Cousin, ich nehme alles in Empfang und tausche die drei 95Ah-Batterien gegen den Akkupack aus.
Vor dem Ausbau mache ich noch Bilder vom alten Zustand, trotzdem vertausche ich Kabel, dazu später.
In der Nacht zu Samstag gegen 04.00 Uhr fegt ein Sturm über die Bucht von Bar, teilweise schüttet es wie aus Eimern und Hagel verdickt die nasse Flut von oben. Das Boot presst sich gegen den Steg, an Schlaf ist nicht mehr zu denken.
Trotzdem, ich will weiter, MNE schleunigst verlassen, hier ist ungastlich!
Mittlerweile bin ich wieder runter von der Palme, aber das hat bis zur Befüllung mit Diesel gedauert, als mir der Tankwart die knallharte Umsetzung der Bestimmungen bestätigt und davor warnt, es nicht so genau zu nehmen. Auch das Ausklarieren in Zelinka und Einklarieren in Dubrovnic/Kroatien sollte ohne Umwege geschehen, ansonsten zahle ich noch mehr Lehrgeld.
Vielleicht bin ich manchmal ein bisschen zu lässig unterwegs, man weiß es nicht, aber irgendwie fühle ich mich abgezockt.
Nach dem Tanken fahre ich los, weiter nach Norden. Kaum dass ich aus den schützenden Wällen der Marina bin, empfangen mich Wellenberge, die ich noch nicht kannte. Kurz überlege ich, umzudrehen, um die Nachwehen des Sturms auslaufen zu lassen, aber nur kurz.
Es ist schon beeindruckend, wenn man im Wellental in einem umschlossenen Kessel zu sein scheint, über dessen Rand man kaum hinausblicken kann. Aber es geht wieder hoch, es ist ein bisschen wie Fahrstuhlfahren, alles mit einer eigenen Rhythmik.
Wegen der schlingernden Schaukelei beschließe ich, in einer der zuvor markierten Stellen zu halten, um Lage und Zustand der Batterien zu kontrollieren. Dazu ankere ich in einer ruhigen Ecke im Windschatten einer Insel in der Bucht vor Budja vor einer Bauruine mit Steganlagen. Ich werfe Anker und gehe an den Batterieschacht.
Schon beim Anheben des Batteriekastendeckels schlägt es mir warm entgegen und ich muss ich feststellen, dass die Starterbatterie völlig überhitzt ist. In der App für die Solar- und Batterieüberwachung ist der Ladungswert für die Starterbatterie mit 19,56V angegeben, offenbar durch den Motorbetrieb völlig überladen.
Schlussendlich sind es die zwei verpolten Kabel vom Lichtmaschinen-Regler. Der sorgt sich, dass die Batteriespannung einen bestimmten Wert nicht überschreitet und bei „voll“ stellt er die weitere Versorgung ein.
Ich will mir nicht vorstellen, was austretende Batteriesäure in einem „Plastikboot“ für Folgen hat.
Nach korrekter Verdrahtung und andere kleine technische Dienste paddle ich mit dem Dinghi auf die kleine Insel und treffe da auf Männer, die an ihren Booten vor der Hotelruine arbeiten. Ich erfahre, dass vor 3 Jahren ein Investor den Bau einer Hotelanlage mit eigenem Kai und Bootsservice angefangen hat, ihm dann die Genehmigungen versagt wurden und er sich damit ruinierte habe. Behörden halt, ist sein Kommentar.
Die Kiesstrände der Inselspitze zum gegenüberliegenden Festland sind bemerkenswert, es schlagen heftige Wellen an die weißen Strände, die sich mit gurgelnden Geräuschen wieder von dem Kieselgestein zurückziehen. Eine verlassene „Captain Morgan Bar“ lässt ahnen, dass sich hier in der Saison so etwas wie „Barcadi Feelings“ einstellen wird.
Schon am Abend wechselt der Wind in südwestliche Richtung, bis zur „Lotus“ können sich reichlich Wellen aufbauen, die Nacht wird unruhig, die 4 – 5 Bft. nehmen auch am Morgen nicht ab. Für den Start nach Nordwesten eigentlich ein guter Wind, achterlich und nicht zu heftig. Aber ich bin kaum raus der Bucht, schläft er ein und ich muss bis nach Herceg Novi motoren.
In der Adria ist seit gestern ein weites Sturmgebiet unterwegs, die Wellen daraus drücken an die Küste und die Fahrt wird mehr als ungemütlich, teilweise komme ich im Boot nur kriechend voran.
Irgendwie hatte ich mir das alles entspannter vorgestellt, die letzten Tage bestehen aus ungemütlichen Windlagen, Regenfronten und nächtliche Kälte zum Teil unter 10 Grad und irgendwie habe ich das Gefühl, ich komme aus dieser Schaukelei nicht mehr heraus.
Da ist es ganz angenehm, in der schicken „Lazure Marina“ östlich von Herceg Novi zu stecken. Es regnet zwar hin und wieder, aber das Boot steht in den Mooringleinen nahezu ohne Bewegung.
Ich habe bis Mittwoch noch eine gültige Vignette und kann mir den Binnenbereich bis hin nach Kotor anschauen, dann klariere ich in Zelenika aus und weiter geht es nach Dubrovnik, etwa 30 sm von hier.
Heute Abend erfahre ich von Nicole, dass Artur Busche, der Vorbesitzer der „Lotus“ am Freitag in Wilhelmshaven verstorben ist. Es stimmt mich sehr traurig, es triff mich ziemlich.
ich werde ihn, seine ehrliche und freundliche Art, die seglerisch wertvollen Ratschläge und die gemeinsamen Törns nicht vergessen. Auf der „Lotus“ wird er in Gedanken immer mitfahren. Danke, Artur!