Ruse – Silistra – Cernavoda – Constanta

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:...
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare

Tag 104 – 107 (13. - 17.07.2022) Donau-Km 493 – 298,7, Donau-Schwarzmeer-Kanal 70 - 0

Wetter: sommerlich heiß, bis zu 35°C, windig bei 1 - 3 Bft. ein Gewitter mit Starkregen am 16.07.2022

Von Ruse geht die Fahrt über 118 Fluss-Km nach Silistra, eine Stadt direkt an der Donau, wo ich den Naturpark mit den Pelikanen besuchen möchte.

Das Ruder arbeitet seidig-weich und leicht, auch der Autopilot nimmt die entspannte Bedienung dankbar auf und knackt nicht mehr. Kurzum, es macht einfach Spaß und die „Lotus“ reagiert schon auf kleinste Rudereinschlage.

Am gebührenfreien Pontoanlager in Silistra nimmt mir ein freundlicher Grenzpolizist die Bugleine ab und macht mich fest.
Er hat nichts dagegen, dass die Anmeldung beim Zoll erst morgen geschieht, dort sei derzeit eh keiner mehr.

Am Abend genieße ich auf der Außenterrasse eines Restaurants direkt über dem Pontom. Es ist fast alles dabei: lecker Essen, kühles Bier, Sonnenuntergang. Fast, denn ich teile es – wie immer -mit niemanden, es wäre auch ein perfekter Abend zu zweit gewesen!

Der nächste Tag soll ganz dem Besuch der Pelikane gelten. Das wird ein wenig enttäuschend, aber die Eindrücke dieser Tagesreise machen alles wett.

Es beginnt gleich am Hafenempfangsgebäude mit dem Zoll und dem Hafenamt, wo ich meine Papiere vorlegen muss. Ich habe nur erklären wollen, dass ich seit etwa drei Wochen schon in Bulgarien bin, die meiste Zeit davon in Ruse verbracht habe und erst morgen ausreisen möchte. Das mit dem längeren Aufenthalt in Ruse weckt Skepsis, ich muss das erklären und man will trotz des Verbleibs die Papiere sehen.
Ich gehe zum Boot und sehe, wie ein holländischer Motorsegler der 12m-Klasse anlegen möchte. Auf dem Vordeck steht die Skipperin und übergibt die Leine zum Festmachen.

Ein Stahlmotorsegler aus Holland mit einem etwa gleichaltrigem Paar darauf, sehr sympathisch die beiden, die sich als Tynke und Hidzer vorstellen und von den Niederlanden ab dem Rhein den gleichen Weg genommen haben. Auch sie wollen durch den Schwarzmeerkanal in das Schwarze Meer und anschließend durch den Bosporus.

Die Freude, auf Gleichgesinnte zu treffen, ist groß, wir tauschen die Visitenkarten aus, wollen in Kontakt bleiben und verabreden uns im Hafen Constanta, wo sie noch den Mast stellen wollen. Tinka und Hidzer möchten mit ihrer „Nocht“ gleich weiter zum Aus- und Einklarieren und Pelikane hatten sie schon auf der Fahrt hierher ausreichend gesehen.

In dem Donaubuch wird empfohlen, sich für das Naturreservat mit den Krauskopfpelikanen einer Besuchergruppe beim Touristenbüro anzuschließen, oder auf eigene Faust ein Bus oder Taxi zu nehmen
Diese Reihenfolge arbeite ich ab. Ein Infopunktpunkt für Touristen kennt man nicht und die Bushaltestelle ist ohne Fahrpläne. Gleich neben der Bushaltestelle steht ein Taxi, ich kann den Preis von 30 auf 25 Leva herunterhandeln und die Fahrt ist kurzweilig, nur die Unterhaltung über ein iPhone mit Google-Sprachübersetzer gestaltet sich etwas holprig.

Das Naturkundemuseum an dem Silbersee vermittelt hinter allerlei Schaukästen mit Szenen ausgestopfter Tiere vom Rehe mit Schlappohren bis zum Blesshuhn Ausschnitte der Donaulandschaft..
Das highlight ist im Obergeschoss ein riesiges Panoramafenster vor der Kulisse einer Seenlandschaft im Auengebiet der Donau.
Dem Besucher stehen zwei Monokulare zur Verfügung und damit kann ich tatsächlich in der Ferne eine Gruppe Pelikane ausmachen, viel zu weit entfernt, um mit dem Handy einzufangen. Nach einer Weile trete ich etwas missvergnügt den Rückweg an,

Es ist mittlerweile gegen Mittag und die Sonne produziert eine erbarmungslose Hitze von 35°C im Schatten bei null Wind.
In einer Pause im Gasthaus  der Dorfmitte esse ich für wenig Geld ein Schopska-Salat, dazu ein lecker Omelett bei geröstetem Weißbrot, beträufelt mit scharf aromatisiertem Öl.

Die anschließende Rückfahrt mit dem Kleinbus mit eng gestellten Sitzreihen für etwa 24 Fahrgäste genieße ich in vollen Zügen, ich tauche ein in den bulgarischen Alltag.
Da ich als Letzter eingestiegen bin, beginnt die Fahrt stehend mit gesenktem Kopf nahe des Fahrers zwischen den beiden ersten Doppelsitzen.

Eine junge Mutter kann ihren sechsjährigen Sohn überreden, sich auf ihren Schoß zu setzen und der Platz neben ihr wird frei.
Da sie recht gut englisch spricht, kann ich von meiner Fahrt berichten und der Junior – Toni heißt er – hört gebannt zu, hat er doch in der Schule schon Englischunterricht.

Die Fahrt ist spannend, es steigen in den viel zu kleinen Bus weitere Leute zu und zunächst weniger wieder aus, die verschiedensten Charaktere sind vertreten. Meine Sitznachbarin muss den neugierigen etwas älteren Damen erklären, woher ich komme und wohin die Reise gehe, man ist interessiert, ah, Germanski!
Auch wenn das mit den Pelikanen ein etwas eingeschränktes Vergnügen war, der Tagesausflug in das Hinterland hat sich gelohnt.

Am nächsten Tag, dem Samstag, muss ich mich wieder dem Prozedere des Ausklarierens und Einklarierens stellen, da gleich am Stadtrand von Selestra talwärts der Donau das bulgarische Staatsgebiet endet und diese fortan allein den Rumänen gehört.

Ich lasse mich auf die rumänische Donauseite treiben, die kleine Stadt gegenüber von Silistra heßt Chiciu und hat wieder mehrere Pontons, darunter auch einen mit Grenzpolizeibooten, an dem nicht anlegen könne wie mir ein Beamter zuruft. Ich möge am benachbarten Fahrgastponton festmachen..

Dieses Mal lasse ich den zeternden Pontonverwalter stehen, der mir mit Policia droht, wenn ich nicht umgehend bezahle.
Bei dem Grenzpolizisten werde ich freundlich empfangen, er telefoniert in den Nachbarort und 10 Minuten später kommt ein weiterer Uniformierte,  adrett und in perfektem Englisch nimmt er meine Daten auf, die Crewliste ziert ein neuer Stempel und er wünscht mir gute Fahrt.

Die gestaltet sich wegen des stark gefallenen Wasserstandes der Hitzewochen etwas angestrengt weil im betonnten Fahrwasser nur noch Tiefen von zum Teil unter zwei Meter izur Verfügung stehen, mitunter  merke ich, wie der sandige Untergrund am Kiel reibt.

Und völlig unerwartet treffe ich auf Pelikane, erst ein Trupp mit drei Tieren in einiger Distanz zur „Lotus“, dann ein landender Großvogel und schließlich ein Pärchen an einer Sandbank.
Ich bin beglückt, waren Pelikane doch ein Argument für die Donaureise, ich wollte sie einmal in freier Wildbahn sehen.
Dieser Landeanflug hat es mir angetan, er erinnert mich sofort an die Wasserlandung eines Dornier-Flugbootes, dieser gemächliche lange Anflug ganz knapp über dem Wasser mit lang gestreckten Flügeln in einer ausgedehnten Wasserbremsung, elegant vorgetragen trotz der etwas unförmigen Gestalt dieses Vogels.

Zugegeben, die Bilder zeigen diese einzigartigen Vögel nur ganz winzig, aber durch das Marineglas waren sie zum Greifen nahe!

Der Tag ist kaum noch zu trüben, aber noch nicht zu Ende!
Etwa 12 Kilometer vor der Einmündung des Donau-Schwarzmeer-Kanals werde ich von der Borderpolice Cernavoda über Funk mit dem Hinweis angesprochen, dass ich keine „Permission“ für Rumänien habe. „Nicht schon wieder!“ ist meiner erster Gedanke.
Ich erkläre in dem Funkgespräch alle Einzelheiten des Einklariens am heutigen Morgen. Man könne das nicht nachvollziehen und ich möge mich an einem Ponton kurz hinter der Kanaleinmündung bei Km 298,7 einfinden, wo dann zwei Uniformierte auch wenig später erscheinen.

Es klärt sich auf, dass die EDV im Moment sehr fehleranfällig sei und sieht die notwendigen Papiere ein, die offenbar im besten Zustand sind.

Des weiteren sorge man sich um die Bezahlung der Kanal- und Schleusengebühren der Donau-Schwarzmeer-Verbindung.
Da die Gebühr von etwa 100€ in der Landeswährung Lei bar zu entrichten ist und es mir genau daran mangelt, fahren mich die Beamten in einem Privatwagen zu einem Bankomaten, wo ich ausreichend rumänisches Geld abholen kann.

Im Laufe dieser Aktion werden die Grenzer immer freundlicher, der Jüngere habe sich schon gedacht, dass ich in einer ähnlichen Innung arbeitete. Schließlich entschuldigt man sich für die Umstände und wünscht mir weiterhin eine gute Fahrt.
Später, nach dem Gewitter, schauen die beiden Grenzpolizisten noch einmal an der „Lotus“ mit ihrem Boot vorbei als letzten Gruß.

Ich kann gerade noch das Boot besser an dem Ponton der Bunkerstation vertäuen, als sich dieses stürmige  Gewitter über der Donau austobt. Ich hatte die dunkle Wolkenfront schon länger bemerkt, aber die Plötzlichkeit des Starkwindes mit dem Einsetzen heftigen Regens und unvermittelter Gewitterschläge hat mich doch überrascht.
Der achterliche Wind lässt das Verschließen des Verdecks kaum zu und in den etwa halb meterhohen hohen Wellen tanzt die „Lotus“ in den Festmachern, das angehängte Schlauchboot ebenso.

Der Hafenkapitän soll mir ein Platz für die Nacht zuweisen, so bestimmen es die Grenzer und ich möge diesen über Kanal 14 ansprechen. Er antwortet auch, spricht aber auf meine englischen Anfragen nur in der Landessprache mit mir.
Auch das hake ich unter rumänischer Folklore ab und telefoniere mit Tynke, die mit ihrem Partner den Kanal einen Tag vor mir befahren hat. Sie schickt mir die Telefonsummer vom Schleusenkapitän, der alles Weitere managt und mich vor den Trögen festmachen lässt.
Dort mache ich gegen 21.20 Uhr den Motor aus.

Heute am Sonntag schaffe ich den Donau-Schwarzmeer-Kanal und muss bei Km 2 in die wirklich letzte Schleuse (Nr. 74) für dieses Jahr, vor mir liegt das riesige Hafengebiet von Constanta.
Und wo ich auf die Schleusenfahrt warte und den Obolus für die Kanalfahrt und Benutzung zweier Schleusen in Höhe von 587,31 Lai (umgerechnet 119 Euro) in bar an einen Hafenangestellten entrichte, erscheint wenige Minuten später die Borderpolice für eine erneute Kontrolle. Wenn die das brauchen, na denn!

In einem weiteren Telefonat mit Tynke erfahre ich, dass die „Nocht“ in einem Touristenhafen oberhalb des Industriehafens liegt und dort deren Mast gestellt wird.
Dieser Yachthafen „Porta Tomis“ ist im Schwarzen Meer etwa 8 Kilometer oberhalb des Industriehafens gelegen und so freue ich mich auf ein Stück Segelfahrt, da es im Hafengebiet von Constanta schon heftig aus Ost weht.
Ich streife ich mir schon mal die Segelhandschuhe über, ziehe feste Schuhe an, umrunde die letzte Hafenmole und kann die Handschuhe wieder ausziehen. Es ist mit einem Mal nahezu windstill, die Flaggen hängen lustlos herab, es herrscht lediglich ein tüchtiger Wellengang.
So läuft der Diesel weiter bis in den Yachhafen, wo ich längsseits der „Nocht“ festmache und mich freue, auf die beiden Holländer zu treffen.

Am Ende des Danube-Blacksee-Channel habe ich 3568 km Flussfahrt hinter mir, dabei lief der Motor 512 Stunden, bei einem Durchschnittsverbrauch von 2 Liter/Std. habe ich somit über 1000 l Diesel verbraucht, der mit etwa 2 Euro/Liter zu bezahlen war.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Artur

    Hallo Thomas, aus Wilhelmshaven rufen wir dir gerne ein BRAVO ZULO zu.
    Deine Berichte verfolgen wir sehr aufmerksam und gerne.
    Nach einer etwas holprigen Donaureise wünschen wir dir weitere viele schöne Erlebnisse und Bekanntschaften.
    Bleib gesund und fröhlich
    Artur und Bärbel

    1. Skip

      Hallo Bärbel, hallo Artur!
      Die Donau liegt hinter mir, reichte dann aber auch 😉 Morgen geht es südwärts, letzte Station in Rumänien: Mangalia. Und zwar im Konvoi mit der „Nocht“ aus Friesland!
      Bilder und Blog folgen!
      Grüße aus Constanta,
      Thomas

Schreibe einen Kommentar