Tag 85 – 87 (24. - 27.06.2022
Donau-Km 496 – 494 und zurück
Wetter: sommerlich heiß, bis zu 32°C, windig bei 1 - 2 Bft.
Ein paar schräge Ereignisse gilt es hier zu beschreiben. Weit gekommen bin ich allerdings nicht.
Ich habe vor ein paar Tagen in der Donau gebadet und dabei mit Entsetzen festgestellt, dass der untere Teil des Ruders der „Lotus“ abgerissen ist. Das ist hier auf der Donau mit der Heck- und Propelleranströmung kein Problem und es hat sich durch kein ungewöhnliches Fahrverhalten bemerkbar gemacht.
Möglicherweise passierte der Abriss beim Crash auf den Steinen des Mains vor der Schleuse Mühlheim.
Beim Segeln braucht aufgrund der Kräfte, die auf das obere Schiff wirken, den entsprechenden Gegendruck im Unterwasserbereich und das möglichst mit der gesamten Ruderfläche, das Boot wird ansonsten versetzen oder es ist nicht hart am Wind zu halten. Deshalb ist die Reparatur zwingend.
In deutschen Gefilden ist das einigermaßen unproblematisch in die Wege zu leiten, hier auf der Donau zwischen Bulgarien und Rumänien wird das ungleich schwieriger und das nicht nur wegen der Sprachbarrieren insbesondere bei den Grenzpolizeien.
Aber eins nach dem anderen.
In dem bemerkenswerten Donaubuch ist zu Ruse von einem „Yachtclub Port Ruse“ (Km 496,2) und dort von einem Kristian Tomov zu lesen, der auch beim Maststellen behilflich ist. Den habe ich schon auf der Fahrt nach Ruse erreichen können. Er könne aber erst Sonntag Nachmittag aufgrund eines Trauerfalls im Clubhafen sein.
Deshalb versuche ich über den Bootsbauer in Giurgiu/Rumänien einen Termin zum Gespräch zu finden. Das gelingt auch und wir verabreden uns für den Montag, 09.00 Uhr, an einem der Pontos auf der rumänischen Seite.
Tags zuvor fahre ich schon mal auf die rumänische Seite und beim Einklarieren, nun nicht mehr im Schengenraum, stellt der Grenzpolizist in seinem Containerbüro fest, dass mir ein Ausreisestempel aus Rumänien fehlt.
Bei dem Wechsel an das bulgarische Ufer habe ich einmal vergessen, mich aus Rumänien abzumelden, ein fataler Fehler, wie ich feststellen werde. Der Grenzbeamte meinte aber, das sei nicht so schlimm, er gebe mir jetzt seinen Einreisestempel.
Ich ankere dann unterhalb des Treffpunktes, weil man am Ponton 30€/Nacht für das Festmachen verlangt.
Nach dem Morgen mache ich wieder an dem blauen Ponton, wo heftig geschweist wird, fest und der Bootsbauer Herr Cucu mit Mitarbeitern erscheint und bespricht einen möglichen Reparaturauftrag mit mir.
Währenddessen macht an der „Lotus“ ein Behördenboot , wieder ein etwas besseres Schlauchoot, übermotorisiert, fest. Es ist die rumänische Grenzpolizei mit 3 Beamten, die nach meinen Papieren verlangen.
Das Gespräch mit Herrn Cucu war soweit beendet und das mit den Grenzpolizisten noch lange nicht.
Man habe eine Menge Fragen und man befiehlt, dass ich ihrem Boot zu folgen habe. Es geht zu einem anderen Ponton (diese Blechkästen werde ich noch vermissen!), wo an einem größeres Grenzerboot festgemacht wird.
Nach kurzen Telefonaten erscheinen von gleicher Innung zwei locker gekleidete Beamte in Zivil, die mich auf die Rückbank ihres Dienstwagens bitten. Ich habe keine Wahl und befinde mich alsbald über holprige Wege in der City von Giurgiu in einem Kasernengelände der Grenzpolizei.
Dort werde ich ohne jegliche Belehrung zu meinem illegalem Aufenthalt in Rumänien befragt, ich überlege kurz nach der Übersetzung für „Anwalt“ und „ein Telefonat darf ich führen“,es entwickelt sich aber alles zunehmend freundlicher. Und als dann noch ein schnell herbeitelefonierter Kollege mit recht guten Deutschkenntnissen (er war einige Zeit in Mannheim) erscheint, kann ich auch erklären, dass ich nichts Illegales im Sinn hatte und das schon gar nicht als pensionierter Kriminalbeamter. Man wird deutlich freundlicher und ich bekomme Kaffee (polnische Art) gereicht.
Das Ganze zieht sich vier Stunden hin und mir läuft die Zeit des Tages weg. Nach dem Vorlesen der Vernehmung, übersetzt durch den besagten Kollegen, und meiner Unterschrift unter drei Exemplare des Protokolls bin ich entlassen. Man will mir nichts Unrechtes unterstellen, ich habe offenbar aus Unkenntnis gehandelt.
Ich lasse den Vernehmungsführer noch seinen Namen und die Erreichbarkeit in meine Bootskladde eintragen und werde zur „Lotus“ gefahren mit dem Hinweis, dass ich zur Grenzpolizei in dem Container bei den Anlegern fahren müsse, dort bekäme ich einen neuen Stempel.
Wieder auf der bulgarischen Seite in Ruse kann ich endlich Kristian Tomov erreichen, der dann zusagt, wenig später zu dem Ponton Nr. 10 (Restaurantschiff) zu kommen, ich könne dort festmachen, er habe alles arrangiert.
Zunächst muss ich aber zu dem anderen Ponton für die Anmeldung bei der bulgarischen Grenzpolizei wegen des Eintritts in den Schengenraum. Dieses Büros kenne ich schon, gestern war ich im gleichen Raum mit dem Linoleumbelag, dessen beide Schichten bis auf das Holz auf den Wegen von der Tür zu den Schreibtischen und auch dort bis auf das Holz durchgetreten sind.
Man gibt mir einen neuen Stempel auf die Crewliste und entlässt mich freundlich mit dem Hinweis, dass ich noch beim Zoll am Anlegeponton erscheinen muss. In einem Gespräch mit einer Beamtin lässt die mich wissen, dass das sie mein Unterfangen für ziemlich gewagt (freundlich formuliert), hält.
Beim Zoll weiß man offenbar nicht so recht, was man mit mir anfangen soll. Einige Handygespräche beider Beamten später bekomme ich einen weiteren Stempel auf meine Crewliste, auf der nur ein Name steht. Auf die verwunderte Frage, ob ich tatsächlich „the whole way alone“ unterwegs sei, wird mit den Augen gerollt, ich habe es genau gesehen.
An dem Restaurantponton erscheint dann wenig später Kristian, der es schafft, meine desolate Stimmung etwas aufzuhellen. Er will und kann mir auch helfen und es geht voran. Hoffentlich.
Lieber Thomas, Glückwunsch zu Deiner Reise. Es gehört eine Menge Mut dazu sie alleine zu bewältigen. Ich drücke Dir die Daumen für die Ruderreparatur. Wenn die hoffentlich bald erfolgt ist, wird das später eine tolle Anekdote in Deinem Reisebericht (zu dem ich mich heute schon mal für die erste Reihe anmelden möchte 😉 Kopf hoch und weiterhin viel Spaß, tolle Erlebnisse und alles Gute!!!