Von der Cala Ginepro erreichen die „Hansa“ und die „Lotus“ am späten Abend des 02.09. das Ziel der nächsten Etappe, die Bucht „Porto della Taverna“ im Schatten des „Königreichs Tavolara“, einer Insel, die nur aus einem langgestreckten Berg in der Ausdehnung von ca. 6 km Länge und 1 km Breite zu bestehen scheint und von sich behauptet, das „Kleinste Königreich der Welt“ zu sein (https://www.travelbook.de/ziele/inseln/tavolara-vor-sardinien-mittelmeer-insel-kleinstes-koenigreich-der-welt).
Wie auch immer, dieser riesige Felsblock, an dem zuweilen die Wolken festkleben, ist unübersehbar und prägt diese Bucht über viele Seemeilen. Die „Lotus“ macht mit einbrechender Dunkelheit in Nähe der schon ankernden „Hansa“ fest, kein Problem, sie hat wieder ein funktionierendes Navigationslicht am Bug!
Nach einem kleinen Reisgericht dinghi ich noch hinüber zur „Hansa“, um mit Sabine und Hannes einen kleinen Abschiedslikör aus Myrte zu kippen, die beiden werden in der Bucht noch verweilen und von dort in das Winterlager nach Olbia nur wenig weiter nach Norden verlegen.
Es wird nur ein kurzer Abend, der ständige achterliche Kurs ohne Hilfe des elektronischen Steuermanns forderte mich. Zurück auf der „Lotus“ bin ich wieder ein Stück traurig wegen des Abschieds von netten Leuten wie schon mehrfach auf dieser Reise.
Schon früh nach dem Sonnenaufgang beginnt der nächste Törn weiter nach Norden in die „Cala Bitta“, wo ich mit Ingolf telefonieren kann, der leider absagen muss, denn die Umstände in seinem Steinmetzbetrieb verlangen seine Anwesenheit. Schade, ich hatte mich auf einen gemeinsamen Weg über Korsika nach Marseille gefreut, es wäre ein Happening geworden.
Aber ich starte am nächsten Morgen erst einmal die Überfahrt von Sardinien nach Korsika durch die „Straße von Bonifacio“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Stra%C3%9Fe_von_Bonifacio) und die wird schwierig. Ich wusste, dass je nach Windlage zwischen diesen Inseln eine Düse entstehen kann, die ein bis zwei Windstärken über der Vorhersage liegt, somit bei einer angesagten 4 kein Problem. Dass daraus 7 Bft. werden bei einer massiven Strömung von Ost nach West macht die Passage bei einem Halbwindkurs mit Wind aus Ost zu einer spannenden Angelegenheit, zumeist muss ich die Pinne mit beiden Händen in Stellung halten.
Der Plan ist, im der der fjördartigen Bucht von Bonifacio mit der gleichnamigen Festungsstadt (https://www.korsika.com/bonifacio/) festzumachen. Schon die hohen Kreidefelsen vor der Stadt wissen zu beeindrucken und erst spät erkennt man den Schlitz der Einfahrt in diese nur wenige hundert Meter breite Einfahrt bis zum Ende der mit Marinas zugestellten Stadtbucht.
Als ich da bis zum Ende hineinfahre herrscht reger Bootsbetrieb, zahlreiche Segler fahren hinein und auch wieder hinaus, es ist kein Platz zum Verbleiben frei, selbst in einem kleinen Nebenarm an der Nordseite vor der Stadt sind alle Ankerplätze (mit Anker und Heck am Felsen, kostenpflichtig) belegt.
Ich drehe um und fahre – wie einige andere Segler auch – hinaus, um weiter im Norden in der C zu ankern und bin einigermaßen frustriert. Die Stadt Bonifacio, die schon Odysseus besucht haben soll, wäre sehenswert gewesen. Vielleicht hätte ich doch noch ein Liegeplatz ergattern können, die mittelalterliche Altstadt mit und die Zitadelle der Oberstadt wären ein Besuch wert gewesen. Auf der anderen Seite bin ich nicht mehr in der Stimmung für derartige Unternehmungen, die mit einem teurem Aufenthalt und touristischen Gedränge verbunden sind. Bin ich doch halbwegs durch mit dem Mittelmeer und will diesen Teil der Reise mit dem Weg nach Hause für diese Saison endlich abschließen.
In der „Cala di Stagnolu“ erlebe ich einen der schönsten Sonnenuntergänge der ganzen Reise und noch ein weiteres Ereignis: ich ziehe die letzte Gastlandflagge der ganzen Reise unter die Steuerbordsaling in den Mast, die Flagge Frankreichs.
Dazu erhalte ich endlich die Zusage der Marina „Port Navy Service“ in Port-Saint-Louis-du-Rhône westlich von Marseille per E-Mail, wo man mir ein Trockenplatz für die „Lotus“ anbietet. Eine gute Nachricht, ich kann dort entspannt über mehrere Tage das Boot winterfest machen und werde dann, wenn alles gut geht, von Roman für die gemeinsame Heimreise abgeholt.
Das Wetterfenster für die Überfahrt nach Festland-Frankreich in den Bereich westlich von Toulon zeigt, dass die nächsten Tage eine NO-Windlage besteht, bei der allerdings weite Teile der Westküste Korsikas deutlich im Windschatten bis fast an die nordwestliche Spitze heran, liegen. Deshalb entschließe ich mich für den Start am morgigen Donnerstag, um gleich westwärts zu fahren, wo mich bald einer steter Segelwind mit 5 – 6 Bft. emfangen wird.
Aber ich kann weiter nordwärts am Dienstag Abend in der Bucht von Campomoro vor Anker gehen und lege einen Tag Pause ein. Die Bucht ist malerisch mit Bergen umgeben, dieHügelkette auf der Nordwestseite krönt ein Wachtturm(https://de.wikipedia.org/wiki/Genueserturm).
Vormittags am nächsten Tag kann ich mich beim Einkaufen in dem kleinen Ort mit einem Korsen unterhalten, der mir zwingend den Besuch dieses Bauwerks aus dem 16. Jahrhundert nahelegt. Und ja, es hat sich gelohnt, der Aufstieg durch einen geschlungen Pfad im Schatten von Büschen und niedrigen Bäumen über Felsstiegen bis zur oberen Plattform des Wehrturmes mit dem überragenden Blick über den Golf von Valinco ist großartig!