Marmarameer, Heybeliada – Narli

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Tag 122 – 127 (31.07. - 05.08.2022)
Wetter: sommerlich heiß, bis zu 30°C, windig bei 3 - 6 Bft.

Nach dem Bosporus haben wir uns einen Tag Ruhe auf einer der Prinzeninseln, nämlich in der Bucht der Insel Heybeliada verdient.
Diese Inseln soll die Verbannungsorte jüngerer Söhne des jeweiligen Sultans gewesen sein. Diese wurden dorthin verbracht und festgehalten nachdem der Älteste die Nachfolge seines Vaters antrat. Es soll Zeiten gegeben haben, wo die Nachrangigen getötet wurden, die Verbannung auf einer dieser schönen Inseln ist die bessere Wahl.

Die Ruhe dort ist an Wochenenden eher eingeschränkt, die Inselgruppe gehört zu Istanbul und dort kennen wohl auch andere diese beschauliche und vor allem geschützte Bucht von Heybeliada.
Wir haben es dennoch genossen mit Schlauchbootfahren, Schnorcheln und sonstiger Entspannung. Beim Baden fällt mir auf, dass das Wasser leider nicht mehr türkisfarben wie das Schwarze Meer ist, sondern eher schwarz, dabei aber recht klar.

Erst am Dienstag, den 02.08., geht die Reise nach Armutlu weiter, zur östlichen und damit orientalischen Seite des Marmarameeres.
Die Fahrt wird beschwerlich, wir starten bei 3 Bft. und es steigert sich auf 27 Knoten, das sind fast 7 Windstärken und das hat Folgen.

Die Hoffnung, dass die Südseite des Kaps von Bozburun eine Landabdeckung gegen den starken Nordoster bietet, erfüllt sich nicht, vor der Küste bei Armutlu liegen mit einem Mal ständig 24 – 27 Knoten an und es kachelt!
In Sichtweite des Hafens  beim Einholen der Segel mit der Drehung in den Wind unter Motor, knallt achtern etwas auf das Wasser und tatsächlich, das Schlauchboot hat sich umgedreht und hängt nur noch mit einem Tampenende in einem der beiden seitlichen D-Ringe.

Bei den Blicken nach hinten bemerke ich auch, dass kein Wasser mehr von der Motorkühlung außenbords gefördert wird. Ein schneller Blick unter die hintere Motorraumklappe zeigt, dass es im Wasserfilter auch nicht sprudelt.

Der Motor quält sich und wird fast bis zum Anschlag heiß als ich längsseits der „Nocht“ gehe.
Hidzer und ich testen, ob der Wasserweg von der Pumpe nach außen frei ist, dazu steigt er auch mit einem Schraubendreher ins Wasser. Der Ansaugweg ist aber frei und Luft lässt sich auch ausblasen.

Die Fehlerquelle dürfte dann der Impeller an der steuerbordseitigen Motorwand im „Keller“ der „Lotus!“ sein. Den hatte ich im März neuwertig eingesetzt.
Schon im geöffneten Pumpengehäuse sehe ich die Bescherung, nahezu alle Lamellen des Gummiflüglers sind abgerissen und die meisten Teile davon vermutlich in den Kühlwegen des Motors, nur einige kleine Gummiteile kann ich aus dem Gehäuse holen.

Ich setze einen neuen Impeller ein und die Kühlung funktioniert wieder einwandfrei, der abgerissene D-Ring am Schlauchi wird im Winterlager aus dem Ersatzteilfundus aufgeklebt.

Am nächsten Tag, auf der Fahrt nach Çakilköy, läuft der Bukh-Diesel im grünen Bereich und schnurrt zufrieden vor sich hin.
Çakilköy, am östlichen Rand von Kapidag Yarmimadasi (Yarmimadasi = Halbinsel) gelegen ist ein reiner Fischerhafen, wo mehrere Kleinflottillen zum industriellen Fischfang auf ihren Einsatz warten.
Wir machen vor zwei großen Trawlern fest und werden freundlich empfangen von einem Kapitän dieser großen Boote, wo mehrere Männer mit dem Umschichten von  Netzbergen mittels Kran beschäftigt sind.

Netze sortieren in Cakilköy

Wir erfahren, dass sie mit diesen Stellnetzen vor der Westküste Afrikas bei Mauretanien mehrere Wochen auf Fangfahrt gehen, wo allein der Weg quer durch das Mittelmeer etwa 14 Tage brauche.
Es ist nicht klar, welche Fischsorte da in die Netze geht, aber die Maschenbreite dieser Netze von nur etwa 2 cm lassen keinem Fisch eine Chance.

Wir sind auf der östlichen Seite des Marmarameeres, im Orient. Das Fischerdorf, wo kein einziger fischverarbeitender Betrieb steht, macht einen fremdartigen Eindruck auf uns.
Wenn die moderne Fischereitechnik und Autos jüngerer Baureihen nicht wären, könnte man sich um Jahrzehnte zurückversetzt fühlen.
Zu dieser Vorstellung passen die zahlreichen Einachszugmaschinen mit Sitzkarren, die gegenüber den Pkw deutlich in der Überzahl sind und zum Einkauf, Waren- und auch Personentransport genutzt werden.

Die „Hafenmeile“ besteht aus mehreren Teestuben, Gemüsehändlern und einem Supermarkt, wo alle Artikel des täglichen Gebrauchs (außer Alkohol) in überschaubaren Sortimenten vorrätig sind.
Man ist sehr freundlich zu uns, wir können auch mit Karte zahlen.

Da der nächste Tag Windstärken bis zu 6 bereit halten soll, bleiben wir einen weiteren Tag zwischen den Trawlern liegen.
Die Funkreichweite mit der kurzen Antenne der „Lotus“ ist nur mäßig und ich bin auf dem letzten Abschnitt für die Coastguard nicht ansprechbar war, als wir einem militärischen Sperrgebiet mit Gefängnisinsel sehr nahe gekommen waren. Die „Nocht“ hat den Funkverkehr übernommen.

Da ich das Problem im Stecker oben im Masttop vermute, lasse ich mit Werkzeugeimer und 220-V-Leitung von Hidzer in den Mast ziehen, dort tausche ich den Stecker der UKW-Antenne aus, hoffnungsvoll auf einen guten Empfang.

Im mast Lotus

Der bleibt aber nur mäßig und ich tausche an der Funke und den gekoppelten AIS-Geräten die Kabel aus. Und da war irgendwo das Problem, ich höre nun weit entfernte Sendeanlagen und sehe die mit AIS ausgestatteten Schiffe fast auf dem gesamten Marmarameer bis zum Eingang der Straße der Dardanellen.

Und wo ich schon mal im Mast bin, drehe ich die Windmessanlage um, die Windrichtungen sind auf der Rundanzeige des Displays nun nicht mehr seitenverkehrt. Sah ich bisher, wo der Wind hingeht, weiß ich jetzt, wo er herkommt.
Gut, der feuchte Zeigefinger im Wind tut es auch, aber der hat keine Digitalanzeige der Windstärke.

 

Zwischen den mehrstöckigen Wohnhäusern, wo die Namen der Bewohner in großen Lettern auf die gassenseitigen Wände gepinselt sind, sitzen Frauen in reger Unterhaltung, spielende Kinder um sie herum. Sie grüßen und ich kann leider nur ein „hello“ erwidern.
Die Männer sitzen in den Teestuben am Hafen unter den Feigenbäumen, wo mein kurzer Ausflug auch endet.
Auf dem Weg zum Liegeplatz kommt mir wieder einer der Arbeitsmaschinen mit mehreren Frauen in den bunten Kleidern entgegen, die Fahrerin an den Lenkstangen winkt mir zu.

Weil der Wind bei dieser Wetterlage regelmäßig zum Nachmittag mit Windstärken zwischen 6 und 7 Beaufort auffrischt, starten wir heutigen Freitag wieder gegen 07.00 Uhr, wir umrunden die Halbinsel Kapidag und machen in dem kleinen Touristenstädtchen Narli, nahe des Fährhafens an einer Kaimauer in Sichtweite der Hafenstraße fest.

Dieser Törn hat es wieder in sich! Die Windstärken zwischen 4 und 5 sind nicht das Problem, die etwas achterlicher als querab einschlagenden Wellenberge machen mürbe und alles ist entspannender als das ständige Gegensteuern in dem Geschaukel von rauf und runter. Mein Steuermann ist für dieses Ausreiten völlig untauglich. Dieser Abschnitt dauert aber nur etwa 6 Stunden, quasi eine Kurzstrecke.

Die Boote quälen sich in den Leinen, es weht wieder mit 6 – 7 Bft., der Wind treibt die 30° warme Luft in heftigen Böen über den Hafen.
Laut Vorhersage werden wir morgen nur noch 4 Bft. haben, die spätestens um 17.00 Uhr wieder zur 5 – 6 werden. Wir starten wieder früh, denn in 3 Tagen wollen wir in der Straße der Dardanellen sein.

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