Tag 18 - 22 (04. - 08.04.2023) Wetter: frische Nächte, wechselhaft, windig, teils nasskalt, böiger Wind bis 6 Bft.
Nach Gaios auf Lefkas führt die Reise nach Albanien über Kerkyra (Korfu) zu einem Zwischenstopp in die geschützte Bucht Mavros Notos zwischen zwei kleinen Inseln, um ein neues Starkwindfeld abzuwettern, von denen seit Tagen eins dem nächsten mit Windstärken um die 6 Bft folgt.
Der nächste Tag ist entspannt und schon am frühen Nachmittag ankert die „Lotus“ unterhalb des riesigen Forts von Korfu neben anderen Yachten.
Diese Burganlage mit einem Leuchtturm auf der Spitze ist schon sehenswert. Ich kann das Dinghi im Burggraben parken und erklimme die Anlage, die einen grandiosen Blick in alle Richtungen bietet.
Korfu ist in der Vorbeifahrt schon beeindruckend und das nicht nur wegen der vorgelagerten Verteidungsanlagen als höchste Erhebung. Auch die alten Hochhäuser in ihrer beigen, gelben, braunen und weißen Farbgebung sind eine beachteswerte Kulisse, die wohl die anreisenden Seefahrer schon von weitem bedeuten sollten, dass hier nicht die Armen wohnen und es sich aber nicht lohnt, den Angriff zu wagen, denn das schier unüberwindbare Fort mit seinen hohen Mauern zur Landseite auf den schroffen Felsen zur Wasserseite in mehreren Ebenen aufgebaut, zeigt Uneinnehmbarkeit an.
In der Mitte des 6. Jahrhunderts dienten zwei hohe Felsen vor der Küste Korfus den ersten Verteidigungsanlagen, aber erst die Venezianer erbauten im 14. Jhdt. eine Festung über mehrere Plateauebenen, aufgeteilt in zwei Garnisonen mit einem herausragenden Prunkgebäude, einem venezianischen Gouverneurspalast, der nach der Bombenzerstörung durch die deutsche Luftwaffe 1943 komplett zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde.
Bis dahin müssen die deutschen bezüglich der Burgfestungen in guter Erinnerung gewesen sein, denn sie ehren den deutsche General Mathias von Schulenburg (1661 – 1747) mit einem Denkmal, weil er erfolgrich die Verteidigung des Forts und damit Korfu gegen die in deutlicher Überzahl angreifenden Türken befehligte.
Nach Besichtigung der Wehranlage verirre ich mich in den engen Gassen von Kerkyras Altstadt mit seinen zahlreichen kleinen Läden, auch mit Kunsthandwerk und eben solche mit viel Nippes für Touristen.
Dazwischen immer wieder kleine Cafés und Restaurants, die Verwinkelung der Gassen nimmt kein Ende und immer wieder entdeckt man einen neuen kleinen Gang, der zum Flanieren einlädt, auch wegen der vielen Blumentöpfe, ausgehängter Wäsche oder Vogelkäfige, aus denen kleine Arrangements geflötet werden.
Man bräuchte Tage, um alles zu bestaunen, allein mir fehlt die Zeit, ich bin Reisender.
Der nächste Tag, die Einreise nach Albanien, die angeblich nur mit einem „agent“ möglich ist. Schon bei dem Wort fallen mir die skurrilen Erfahrungen in Istanbul ein etwas sträubt sich in mir.
Drei Tage vorher nehme ich Kontakt zu einer der zahlreichen Einreiseagenturen auf und eine nette „Agentin“ von Saranda-Summer-Tours, Jelja Serani, empfängt mich schon am Einreiseterminal von Saranda/Albanien. Die „paperworks“ sind innerhalb von einer Stunde mit Einreisebehörde und Hafenkapitän erledigt, für 47€ bekomme ich Einreisegestattung und Crewliste mit frischen Stempeln und Unterschriften.
Auf meine Frage, warum man das nicht alleine ohne die Dienste der Agenten durchziehen könne, bekam ich keine Antwort, sie hüllt sich in Schweigen, reicht mir aber eine kleine Liste mit anderen Agenten, deren Dienste ich in bei der Ausreise nach Montenegro in Shêngjin in Anspruch nehmen müsse. Das werde wir noch sehen!
Saranda ist im Gegensatz zu Kerkyra schon hinsichtlich der Stadtansicht bei Einfahrt in die Bucht eine kleine Enttäuschung. Die gesamte Küstenlinie scheint aus der Ferne mit weißen 8ter-Legosteinen, hochkant gestellt, bis hinauf in die Hügelketten zugebaut. Diese quaderförmigen Stahlbetonbauten aus den letzten Jahrzehnten sehen so gleichförmig aus, es scheint als habe es nur einen Architeken gegeben, der von seiner Idee völlig begeistert war oder es spiegeln sich ehemals sozialistische Planvorgaben wider.
Allein die Uferpromenade gibt sich ein wenig mondän mit Restaurants und Bars an der Wasserlinie und das einzige alte Anwesen im Stadtkern sind die Grundmauern einer christlichen Basilika aus dem 5. oder 6. Jahrhundert inmitten der Hochhausbauen.
Also alles in allem kein Grund für einen längeren Aufenthalt und ich beschließe, Albanien in drei bis vier Tagen abzuhaken. Deshalb sind noch zwei Stationen geplant: Vlorrë, Durres und zum Ausklarieren noch Shêngjin. Danach ist es nur noch eine kurze Strecke bis Bar, wo ich Drzemal treffe und ich meinen LiFePo4-Akkupack in Empfang nehmen und einbauen kann.
Dann wird es auch schon Zeit, nach Dubrovnik aufzubrechen, Marco wird dort am 01.05. zusteigen und mit nach Split fahren.
Aber zunächst die Fahrt von Saranda nach Vlorrë, eine relativ lange Strecke von ca 60 sm, die aber mit Kreuzen 77,6 sm lang wird und um einiges länger als geplant, nämlich 21 Stunden dauert.
Die drei Vorhersagen gaben als maximale Windstärke 3 – 4 aus, es werden aber 15.30 bis 23.00 h eine 6 und die frontal von vorn. Durch den Seegang, der sich auftürmt ist an eine Maschinenfahrt auf dem kürzesten Weg ziemlich ungemütlich, also kreuze ich Stunde um Stunde und gewinne kaum Höhe, aber ich nehme es sportich. Der Mond zeichnet die Felsen nach, das Radar bestätigt die kahlen Erhebungen. Um 23.00 Uhr wird der Wind mit einem Mal abgestellt, es kehrt Ruhe ein und ich muss die restlichen Stunden das Kap vor Vlorrë unter Motor umrunden bis in die Bucht von Vlorrë hinei
.
Schon vorher fällt mir im Abgleich mit den Seekarten auf, dass ein Leuchtfeuer am Kap nicht dort steht, wo es Sinn macht, sondern anderswo und auch eine andere Kennung hat. Im Hafen weist mir der Master of Harbour einen Anlegeplatz zu, der allerdings mit Fahrgast- und Funktionsschiffen zugestellt ist, eine tiefschwarze Reihe etlicher Poller verengen die Einfahrt, ich entdecke sie gerade noch rechtzeitig. Auch hier sind die Leuchtsignale nicht an der in der Karte beschriebenen Stelle und so entscheide ich mich, da umgehend hinaus zu fahren und vor dem Strand zu Ankern.
Zu allem Überfluss funktioniert die Funkbedienung der Ankerwinsch nicht, die Fusstaster schon eine geraume Weile nicht und so wird die Kette manuell ausgebracht, ich bin am Ende meiner Kräfte und kümmere mich später.
Nach dem Ausschlafen stelle ich fest, dass sich die Stadtsilhouette mit der von Sarande gleicht und dass es im Vorderschiff unterhalb der Verkleidung des Ankerwinschmotors mit dessen Elektronik nass ist, Geschmackstest: eindeutig Salzwasser.
Nach Durchmessen ist der Fehler schnell gefunden und aus dem schwarzen Kästchen der Funksteuerung tropft es nach Öffnung heraus. Die Schaltplatine ist schadhaft, eine braun-schwarze Stelle vor einem Element mit angefressenen Leiterbahnen ist werksseitig dort wohl nicht vorgesehen.
Eine neues Teil aus dem Zubehörmarkt für Offroadfahrzeuge ist schnell bestellt, Marco wird es mitbringen.
Durch den Wellengang der vergangenen Nacht ist das Vorderschiff das eine und andere Mal in die brechenen Wellen eingetaucht, wo das Wasser allerdings bis in die Koje durchdringen kann, bedarf noch einer Klärung! Aber solange ich noch kein Feudel nehmen muss…