Am Morgen nach dem Zwangsaufenthalt in Port-sur-Saône sehe ich in der Messe durch das Bb-Fenster, dass eine Motoryacht vorbeifährt. Auch das englische Pärchen klariert zur Abreise auf, die „Lotus“ legt auch ab. Der Tag beginnt noch recht frisch, aber der Wetterwechsel ist durch, es gibt sonnige, wärme Tage und das ist gut so auf diesem kritischen Abschnitt des Canal-des-Vosges.
In der drittletzten Schleuse der Saône (Ecluse Nr.3 „Montureux“, Km 383) fahre ich die 30er in die Kammer, aber die Tore schließen sich nicht, ein dicker Ast hat sich verkeilt, eine Torhälfte klemmt. Die Rufnummer der VNF ist noch im Speicher, die nette Madame lässt wissen, dass ein Techniker benachrichtigt werde, der komme bald.
Nach einer Stunde geht es weiter und bei Km 407 endet die Fahrt auf der Saône, sie zweigt nach Westen ab, fast unmerklich beginnt der Canal-des-Vosges, die Kanalverbindung zwischen Saône und Mosel mit der Schleuse Nr. 46 vor „Corre“. Die Kilometrierung startet bei Km 147,5 und verringert sich bis zum Anfang des Kanals bei „Neuves-Maisons“. Kurz vorher biege ich bei Km 28,5 über Steuerbord in den Verbindungskanal nach Nancy ab, um dann nördlich über den Canal-de-la-Marne-au-Rhin in die Moselle (später: Mosel) einzufahren.
Auf dem Canal-des-Vosges verkleinert sich die Nummerierung der Schleusen bis zum Abschnitt der Wasserscheide (ganz grob: ab jetzt fließt alles zu Tal nach Norden) bei Km 97 und fängt dann bei Km Km 86 wieder mit einer 1 an.
Diese Ecluse Nr.1 bei „Bois l´Abbé“ ist der Anfang einer so genannten Schleusentreppe, in diesem Fall folgen weitere 13 Schleusen in sehr dichter Abfolge über eine Distanz von nur 3 Kilometern.
Zuvor in der „Ecluse Corre“ steht neben dem Schleusentrog ein Automat ohne dessen Benutzung sich das Schleusentor voraus nicht öffnet. Es wird auf Knopfdruck eine Fernbedienung ausgegeben, mit der man die künftigen Schleusen auf dem Canal-des-Vosges zu bedienen hat. Soweit die Anweisung an dem Kasten, der aber keine Fernbedienung ausspuckt. Nach einem Telefonat mit der bekannten Nummer kommt ein Techniker und reicht mir eine.
Vor den Schleusen stehen im unregelmäßigem Wechsel entweder rechts oder links vom Kanal in unregelmäßigen Abständen zur jeweiligen Schleuse mal in freier Sicht und mal durch Blattwerk oder Büsche versteckt die wichtigen Pfosten mit weiß-roter Tafel mit dem Hinweis „clique ici“ und einem grauen Blechkasten darunter, der ein gelbes Blinklicht in Form einer kleinen Pyramide trägt.
Ab einer Mindestdistanz von ca. 25 m kann man dieses Pyramide durch Drücken des grünen und einzigen Buttons auf der Bedienung zum Blinken veranlassen und bis zur Schleuseneinfahrt vorfahren, wo alsbald das grüne Licht bei geöffneten Toren zur Einfahrt einlädt.
Der Canal-des-Vosges ist nicht tief. Zumeist meldet das Lot Wasserstände um die 180 bis 190 cm, selten darüber. In dem unmittelbaren Bereich vor den Schleusen sind es aber nur noch 130 – 150 cm. Die „Lotus“ hat ein Tiefgang von 150 cm und regelmäßig steht sie im Modder vor den Ecluses. Das hat den Vorteil, dass man im Falle einer Störung, dem Telefonat mit dem VNF und der Wartezeit hernach den Motor ausschalten kann. Festmachen ist nicht nötig, der Kiel des Bootes steckt im recht weichem Untergrund fest, selbst die Restströmung von vorne verändert die Position bei Ruder in Längsrichtung nicht.
Am Freitag kommt es nur zu einer Störung, am Samstag sind es dagegen fünf Ausfälle der Schleusenautomatik, zu Hilfe kommt dann ein und derselbe nette Techniker mit seinem Lieferwagen. Der tat mir schon leid.
Die Ausfälle schmälern die anfangs hohe Schlagzahl der Schleusungen: Freitag für 38 km sind es 24 Schleusungen, tags darauf nur 18 Schleusungen für 13 km und am heutigen Sonntag folgt die Schleusentreppe mit 14 Schleusungen für die Distanz von 15 km
Die Nacht zu Sonntag verbringe ich im Kanal bei Km 94 an der Ortschaft „Chaumousey“. Von Ursel und Andreas mit ihrem Segler „Lütte“, die ich in „Port-St.-Louis-du-Rhone“ kennenlernte (s. https://fernwin.de/port-saint-louis-du-rhone-arle/), erfahre ich, dass sie die Nacht quasi eine Schleuse hinter mir bei Km 97,5festgemacht haben. Sie kommen am Sonntagmorgen an die Liegestelle der „Lotus“, Ursel und ich holen noch Baguettes aus der nahen Boulangerie auf der anderen Seite des Kanals und dann fahren wir im Konvoi bis nach Epinal.
Schon mit der ersten Schleuse der Treppe stellen wir fest, wie einfach das Abwärtschleusen im Gegensatz zum Schleusen zu Berg ist. Es braucht nur das Legen einer Leine um den Poller und schon geht es etwa 3 m hinunter und das ohne das ständige Gezerre und Geziehe in den Strudeln des einströmenden Wassers, das das Boot mit Bug und Heck an die Trogmauern knallen lässt. Hier fließt das Trogwasser gemächlich ab, das Boot bleibt nahezu still liegen und am Ende der Talfahrt ist nur die Leine von dem nun ganz oben befindlichen Poller abzuziehen, das war´s!
Es ist gut zu wissen, dass es ab jetzt bis nach Travemünde nur noch zu Tal, also bergab mit der Strömung laufen wird mit einer kleinen Ausnahme auf der Elbe vom Hebewerk Scharnebeck bis nach Lauenburg
Nach der Schleusentreppe fährt der Konvoi in den Stichkanal zur Hauptstadt des Départements Vosges nach Épinal (s, https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%89pinal) ein. Wir planen hier zwei Tage Rast auch zum Tanken und Proviantaufnahme ein.
Épinal hat eine etwas zergliederte Altstadt, die ist jedoch mit einer beeindruckende Kirchenbau, der Basilika Saint-Maurice inmitten vieler Restaurants und kleinen Geschäften ausgestattet und wird von der Moselle mit ihren Seitenarmen teils spektakulär durchflossen.