Tag 161 – 169 (08. - 16.09.2022)
Wetter: sonnig-heiß, bis 33°C, Wind bei 2 - 7 Bft.
Das ist der vorerst letzte Beitrag, die „Lotus“ bleibt in/auf Nissos Trizonia, ca. 50 km östlich von Patras, wo ich am Flughafen Araxos am 23.09., abends ein Flug nach Hannover gebucht habe.
Die Insel Trizonia ist wieder so ein Kleinod auf der Reise, der es mir angetan hat. Der kleine anheimelnde, aber auch spartanische Hafen in einer geschützten Bucht in Hufeisenform, die kargen Hügel und kleinen Strände haben ihren Reiz.
Außerdem bietet man hier einen günstigen Winterplatz, allerdings mit Widrigkeiten an. Dazu später mehr.
Die Tage nach Erreichen von Trizonia segle ich bei nach wie vor schönstem Wetter und manchmal üppigen Winden zu Orten in der Nähe, so z.B. zur hübschen Stadt Galaxidi. Dorthin bin ich am 11.09. bei etwa 3 Bft gestartet und kurz nach Sonnenuntergang bei 7 Bft. vor Anker gegangen, die 30 kn waren schon hakelig bis in die Ankerbucht, aber nach 2 Versuchen und etwa 50 m ausgelegter Ankerkette greift der Rocna sicher und in der Nacht entspannt es sich.
Galaxidi ist eine Reise wert, keine Frage. Die überschaubare Stadt liegt in einer geschützten Bucht mit einer Marina und einem weiteren Hafenbecken für kleine Fischerboote, dazwischen thront die gepflegte Altstadt mit kleinen Läden und Tavernen und mittig einer Kirche.
Die Marina mit der üblichen Kneipenzeile an der Hafenkante ist voll belegt und man könnte dort stundenlang sitzen, die Fische im glasklaren Wasser oder die flanierenden Menschen beobachten, es herscht eine entspannte Atmosphäre.
Am nächsten Morgen will ich den Anker aufholen und schaue dabei über die Wasserlinie wo ich den Anker vermute.
In einer Entfernung von vielleicht 20 m lugt etwas kurz aus dem Wasser und taucht wieder ab, es sieht aus wie ein faustgroßer Kopf von irgendetwas unbekanntem.
Später an der Hafenmole in Itea bestätigt ein Angler meinen Verdacht: „Caretta-Caretta“, so schildert er, gäbe es viele und die gingen auch auf seine eigroßen Köder, eine dunkelbraune übel stinkende Knetmasse, in die er mehrere Haken einarbeitet und dann weit auswirft.
Ich hoffe insgeheim für die Meeresschildkröten, dass sie das durchschauen.
In Itea der Nachbarstadt von Galaxidi, kann man Fahrten zum Orakel von Delphi mit dem Bus unternehmen.
Im Hafen von Itea treffe ich auf das dänische Seglerpaar Tina und Niels Hansen, die mit ihrer Nauticat und einem weiteren dänischen Segler mit Skipper Karl und seiner Frau während der Sommer in Griechenland touren. Die beiden Boote machten schon in Trizonia fest.
Mit den Dänen verabrede ich, dass wir am nächsten Tag zu dem Weltkulturerbe mit dem Bus hochfahren.
Die Dänen frühstücken aber erst um 10.00 Uhr, der Abfahrtszeit des Busses, wie sich später herausstellt.
Die beiden dänischen Skipper klären eine Taxifahrt ab, der jedoch nur 4 Personen zusteigen dürfen. So verzichte und verabschiede ich mich zurück nach Trizonia.
Von dort starte ich im nächsten Jahr ein neuen Versuch, um die ehemaligen Tempelanlagen von Delphi zu bestaunen.
Zwischendurch fahre ich verschiedene Wege auf der Insel mit dem Fahrrad ab, wobei ich etliche Steigungen auf der Geröllpiste schieben muss. Trizionia ist bis auf wenige Ausnahmen autofrei, Straßen sind deshalb obsolet.
Von den Erhebungen genießt man fantastische Ausblicke in die griechische Inselwelt und zum Festland und steht dabei in sengender Hitze inmitten von Olivenbäumen.
Der Rückweg führt mich – noch weit oben – an einer Müllkippe vorbei, wo auch ein Holzboot entsorgt wurde. Es stellt sich doch die Frage, warum man sich die Mühe machte, den Kahn hier herauf zu zerren.
Tags darauf entdecke ich eine faszinierende Badebucht, deren Strand aus kleinem Kieseln in allen Farbschattierungen von rot bis schwarz über alle Brauntöne besteht und zu beiden Seiten von Felsen eingegrenzt ist.
Die massive Brandung mit dem stets auf West gedrehten Wind bringt Badespaß, den ich fast alleine genießen kann, der Strand ist bis auf ein Pärchen menschenleer.
Für das Winterlager ist die nächste Hürde die Schaffung von Fixpunkten im Hafenbecken für Mooringleinen, um das Boot damit am Heck zu fixieren, während zwei Leinen den Bug am Kai festhalten sollen.
Nach Auskunft der Langzeitlieger können hier Stürme von bis zu 50 kn im Winter auftreten, die „Lotus“ muss also sicher liegen, ein Platz längsseits im Hafenbecken ist nicht mehr frei und wegen der zu erwartenden veränderlichen Wasserstände von über einem Meter auch nicht zu empfehlen.
Ich ahnte, dass bei dem Preisangebot für das Winterhalbjahr ein Haken ist, man bietet den Hafen an, aber ohne Möglichkeiten, das Boot für einen längeren Aufenthalt unbeaufsichtigt liegen zu lassen.
Ich lerne das Hamburger Ehepaar Michael und Ingrid kennen, die wie ein Schotte mit ihren Segelbooten schon viele Jahre in dem Hafen liegen.
Allan, der Schotte, stellt den Kontakt zu dem griechischen Taucher Chris her, der für seinen Tauchgang allerdings etwa 70 Euro haben muss.
Da es hier auf Glyfada und auch gegenüber auf dem Festland in Chánia und Glyfada keine Bargeldautomaten, gibt, schlägt Alan mir die Bezahlung seiner Zigaretten im Supermarkt Chánia für 100€ vor. Ich fahre mit der Fähre also zum Supermarkt, ich brauche auch noch einige Dinge.
Die Kleinfähre macht die Distanz von knapp einem Kilometer etwa 10 Minuten und kostet 2 € pro Fahrt.
Dort bestelle und bezahle ich Allans Zigaretten, die werden ihm in den nächsten Tagen per Fähre geliefert, ich bekomme den Betrag von ihm und kann am gestrigen Donnerstag Abend Chris „the Diver“ bezahlen.
Während dieser Tauchaktion ist das Duo der Hafenmeister immer wieder dabei und diskutiert mit dem Taucher, mir und Alan über das Festmachen der „Lotus“.
Schlussendlich darf ich ein anderen Platz an der Pier nutzen, wo schon zwei Mooringleinen liegen, von denen man durch die Tauchgänge von Chris nun weiß, dass sie noch standfest sind.
Alan kann es nicht so richtig fassen und meint, dass ich Geld verschwendet habe, die Frage nach dem Zustand der Wasserleinen hätte er auch ohne Taucher beantworten können, die seien mit Sicherheit nicht überaltert. Er umschreibt das mit Unkenntnis und südländischer Mentalität.
Als Fazit der Reise bis hierher bleiben eine Vielzahl von Erlebnissen, von denen ich keines missen möchte, auch die weniger schönen Eindrücke nicht, birgt doch alles eine Menge Erfahrung.
Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass ich doch nicht so cool mit der Trennung von der Familie und der Abwesenheit des geliebten Partners umgehen kann. Wie schon einmal erwähnt, sind die vielen beeindruckenden Erlebnisse nur von halber Wertigkeit.
Und ich kann es kaum erwarten, die Enkel – mit den Eltern natürlich – zu sehen, und unsere Freunde und schließlich meine Eltern, die mich auch unterstützten wo immer es nötig war. Danke, ihr Lieben!
Nicht als Belastung habe ich die knappe Wohnwelt der „Lotus“ empfunden, ich kann offenbar auch längerer Zeit auf meiner kleinen Insel leben, die große Weite mit mehr Raum liegt gleich außerhalb der Bordwand.
Die kalkulierten Kosten dürfen gerne verdoppelt werden, dazu haben die hohen Dieselpreise beigetragen.
Als Totalverluste mussten etliche Dinge dem nassen Element überlassen werden, dazu zählt auch eine teure Gleitsichtbrille, ohne Nackenband getragen, die mir beim Aufziehen des Ankerballs von einer wehenden Leine aus dem Gesicht gewischt wurde.
Aber auch Kugelschreiber, Fenderball, Sitzbank und Paddel vom Dinghi, Ankerball, ein halbes Ruderblatt und andere Kleinteile verschwanden in den Fluten. Dieses zumeist bei widrigem Wetter, was keine Entschuldigung ist, denn letztlich waren es meist Unachtsamkeiten wie der zu lässig befestigte Fender am Heckkorb.
Am tiefsten haben mich die netten Leute auf der Fahrt beeindruckt, seien es Jan Konrad aus Düsseldorf, Wolfgang Grün vor der Schleuse Dörnigbach, Dieter Hock mit dem Bootsclub in Erlenbach, Frieder und Tina mit ihrer „Fairplay“ auf der Donau, Vladimir aus dem „nazideutschen“ Hafen Kostolac, Tomislav aus dem Camp im Kosovo, Christian Tomov aus Ruse und viele andere, die ich traf und die mir zuweilen sehr geholten haben.
Als sehr schön erinnere ich die Tage mit meinem Bruder Michael an Bord, der mir zunächst „sein“ Bamberg zeigte und mit dem ich das Binger Loch auf dem Rhein „überstanden“ habe.
Und nicht zuletzt natürlich Tynke und Hidzer von der holländischen „Nocht“, mit denen ich ab Constancia eine Weile im Konvoi reisen durfte und die ihr Winterlager in Preveza an Bord verbringen werden.
Ich hoffe, dass ich mit den beiden gemeinsam im Frühjahr des nächsten Jahres die Fahrt um den Stiefel von Italien nach Frankreich bis hoch in die Rhône als zweiten Teil der Reise erleben darf.
Handbreit!
Thomas
mehr Bilder:
https://fernwin.de/Bilder
Hallo Thomas,
vielen Dank für Deinen Blog, und dafür, dass wir damit an Deiner Reise ein klein wenig teilhaben konnten. Ich habe den nächsten Blog-Eintrag immer mit Spannung gelesen, und sehr gerne die tollen Fotos gesehen.
Was für eine Reise! Wie viele unterschiedliche Menschen, Lebenswelten, Landschaften und Tiere (Pelikane und Delfine!) Du gesehen hast – echt irre.
Was für ein Abenteuer! Besonders beeindruckend fand ich, dass Du überall nette Leute getroffen hast und dass Du alle kleineren und größeren „Herausforderungen“ lösen konntest.
Und: ja, es war klar, dass Du einige Monate allein fahren wirst. Was das aber bedeutet und was das mit einem macht, dass kann man unmöglich vorab einschätzen.
Auch hier bist Du nun um eine Erfahrung reicher.
Dir eine gute Heimreise, ein gutes Ankommen zu Hause!
viele Grüße
Michael
Hallo Thomas, da können wir uns nur den Beitrag von Michael anschließen. Gerne habe wir deine Reise und den Wetterbericht für deinen Standort verfolgt. Selber habe ich bei Langfahrten auch meine Frau vermisst und mich immer auf die Heimreise gefreut. Nun wünschen wir der Lotus, dass sie ein gutes Winterlager hat und
Dir eine gute Heimreise.
Guten Flug und Gruß Artur u.Bärbel
HalloThomas
Bist du schon auf dem Flug nach Hause
Habe die Hausaufgaben gemacht und alles nachgelesen
War selbst länger weg mit dem Wohnmobil in Skandinavien
Klasse Reise was du machst gefällt mir.
Gruß Dieter