Tag 57 - 61 (15.05. - 19.05.2023) Wetter: sehr wechselhaft wg. Sturmtief, Wind von 1 - 8 Bft, bis 25°C
Während Marco nach Hause in die Wärme fliegt, verfestigt sich das Sturmtief über der Adria. Es ist ein Ausläufer des riesigen Tiefs, dass am 16. und 17.05. über Italien für Sturmwetter und Überschwemmungen mit mehreren Toten und auch in Kroatien durch sintflutartige Regenfälle für katastrophale Verhätnisse sorgt.
Auf unseren Booten hören Ingolf und ich über Funk die Sturmwarnungen der Revierzentrale „Radio Split“, wonach über der gesamte Adriaküste Kroatiens mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 60kn (= orkanartiger Sturm) zu rechnen ist.
Ich liege nach vor an dem Anleger unterhalb des Flughafens Split, wo scheinbar unbeeindruckt gestartet und gelandet wird, während hinter dem Wellenbrecher das Meer tobt und der Wind jault. Man schläft nicht mehr, die Geräusche der Boote, die in die Leinen und Fender knallen, die permant-ruckartigen Bewegungen darin und die Windgeräusche in den Masten und des Stegs lassen es nicht zu.
Mit dern „Lotus“ bin ich etwas dichter an die Fähre in den Windschatten gerückt und liege nun gegenüber der „La Luna“, der Hai-760 von Ingolf.
Bis auf den Mittwoch Nachmittag, wo ich mit Ingolf in die Altstadt Trogir fahre, ist dieses Sturmszenario permanent. Erst in der Nacht zu Donnerstag, dem 18.05., gegen 04.30 Uhr, zieht das Tief ab und es entspannt sich.
Trogier. Ingolf kennt sich aus und schlägt eine Busfahrt in die schöne Altstadt vor. Wieder bin ich von alten Gemäuern und hier sogar einer Festung schwer beeindruckt.
Ein Reiseführer umschreibt diese Stadt als die Perle der Küste Dalmatiens und Wikipedia berichtet wieder von einer bewegten Geschichte (https://de.wikipedia.org/wiki/Trogir) und der Altstadt als UNESCO-Weltkulturerbe.
Zuerst besichtigen wir die Festung Kamerlengo aus dem 15. Jahrhundert. Von einem erhaltenem Wehrturm hat man eine phantastische Aussicht auf die Stadt und dem Hafen mit seiner Flaniermeile.
An dem Hauptportal der St.-Laurentius-Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert lasse ich mir von Ingolf, dem Steinmetzmeister aus Zwickau, erklären, wie unfassbar virtuos die filigranen Einfassungen biblischer Darstellungen des westlichen Hauptportals gearbeitet wurden.
Und Wiki weiß auch zu berichten, dass im Kinofilm „Winnetou 3. Teil“ das Rathaus als Filmkulisse des Gouverneurspalastes der Stadt Santa Fe im Norden New Mexicos herhalten musste.
Ingolf und ich fahren weiter in die Uvala Necujam der Insel Solta und dort in die Bucht, in der ich auch mit Marco war und wo wir nach dem Marsch in die Nachbarbucht mit der Fähre die Altstadt Split besucht haben.
Das Wetter beruhigt sich derart, dass Ingo und ich nur kurz segeln können, der Wind schläft ein und wir motoren in die Bucht Necujam, wo sich nach und nach mehrere Charterjachten zum Ankern einfinden. Um uns herum wird deutsch gesprochen und eine Chartercrew, bestehend aus sechs gestandenen Männern sticht durch ihr Ouftit heraus und mir fällt dabei ein, dass Vatertag ist. Die gesamte Mannschaft auf der 50-Fuß-Yacht ist mit Jackett, weißem Hemd und Fliege nebst keckem Strohhut eingekleidet. Darunter trägt man Shorts, alles sehr apart und es herrscht eine ausgesprochen gute Laune auf dem Boot.
Ich dinghi zur Hai von Ingolf hinüber, um den Vier-Uhr-Sundowner einzunehmen. Während wir das Bier genießen, beobachten wir eine andere Charteryacht, besetzt mit einem deutschen Pärchen, beide um die 40 Jahre.
Sie visieren ihren Ankerplatz in ca. 150m Entfernung an und wissen offenbar nicht um den Umstand, dass über die Oberfläche des Wassers bei entsprechender Windrichtung der Schall so gut getragen wird, dass trotz dieser Distanz nahezu jedes Wort zu verstehen ist. Noch bevor der Skipper auf dem Boot zum Ankerkasten nach vorn geht, lässt sie ihn wissen, dass sie wieder unter Fremdscham leide.
Da sie in unmittelbarer Nähe der „Lotus“ ankern wollen, bin ich etwas irritiert. Meint sie den meinen Fenderball, der zweckentfremdet als Ankerball unter der Saling hängt, die Vatertagscrew auf der Fünfziger oder allgemein die etwas beengten Verhältnisse in der Ankerbucht? Wir werden es nicht erfahren.
Der Skipper der Beschämten setzt den Anker, seine Partnerin am Gashebel und Steuerrad muss sich lautstark dirigieren lassen. Anschließend nimmt er sein Schlauchboot und setzt umständlich eine schwarze Landleine, die er mit einem weißen Fender absichert. Zurück auf der Yacht taucht er am Bug mit Schnorchel und Flossen zum gefallenen Anker ab. Da der dort wohl auf mehr als 8 m liegt, kommen uns Zweifel, ob das erfolgreich war.
Ihm kommen diese wohl auch und er sichert sein Boot mit einem weiteren Anker ab, der fällt an Steuerbord ins Wasser, man geht auf Nummer sicher. Der Wetterbericht für die kommende Nacht ist kurz: kein Wind, kein Niederschlag.
Die Fremdbeschämte lässt sich später von ihrem Skipper in die überteuerte Konoba auf der anderen Seite der Bucht mit dem Dinghi chauffieren, ich mache auf der „Lotus“ Nudeln „Alla Napoletana“, Ingolf steuert die Soße bei. Es ist lecker und wir genießen die einbrechenden Dunkelheit über der Bucht.
Es ist immer wieder ein besonderes Vergnügen: Hafenkino und Ankermanöver! Erstaunliches tut sich oft auf und führt zur Erheiterung, Ich weiß, es ist nicht fair, denn auch ich habe wohl das eine oder andere Mal für Freude an der Kaimauer gesorgt. Aber manchmal kann man einfach nicht wegsehen.
Heute morgen gegen 08.00 Uhr bemerke ich an meinem Ankerplatz, dass das mehrfach gesicherte Segelboot abgefahren ist, der weiße Fender der Landverbindung aber noch vor dem Felsen dessen Ankerplatzes trudelt.
Ahnend, dass man nicht nur den Fender zurückließ, sondern auch die Leine daran, steige ich in das Dinghi und fahre zu dem schwimmenden Bootsdämpfer. Der ist mit einem schwarzen Tampen an die gleichfarbige Leine geknüpft und liegt quer im Wasser in der Durchfahrt zum Buchtende.
Zwecks Gefahrenabwehr nehme ich die Teile auf und in Verwahrung. Sollte das beschriebene Pärchen diesen Blog lesen: Ihr könnt euer Zubehör bei mir abholen!
Danach hole ich den Anker auf und drehe noch eine Schleife zur „La Luna“, der Hai-760 von Ingolf. Der liegt auf dem Vorderschiff flach auf dem Bauch und mit dem Kopf im Ankerkasten. Ich rufe den Abschiedsgruß herüber und er flucht über die festsitzende Ankerkette, die sich aufgrund eines Schaltfehlers festgefressen hat. Er ist aber guter Dinge und ich denke, dass Basteln das halbe Segeln ist.
Ich mache mir keine Sorgen, der sympathische Skipper ist erfahren und patent und überhaupt ein guter Kerl, er wird es lösen.
Ich segle und motore zur Nachbarinsel Drvenik Veli und dort nach anhaltender Flaute in eine kleine Bucht, Luka Mala.
Hinter einer Großjacht mit gleich zwei Beibooten lasse ich den Anker fallen, es ist, abgesehen vom Fluglärm der Einflugschneise von Split, ein sehr beschauliches Plätzchen.
Mit dem Dinghi paddele ich zu einer Landspitze und etwas oberhalb entdecke ich auf meiner Erkundungstour uralte Gemäuer einer früheren Besiedlung der Bucht und kann mir kaum vorstellen, wie da in den schlicht aufgeschichteten Steinwänden wohl gelebt wurde.
Es wird ein ganz ruhiger Abend und diese vier Tage an dem Airportanleger sind fast vergessen, obwohl Ingolf und ich das als prägendes Ereignis festgehalten haben.
Hallo lieber Thomas , ich habe jetzt ,wieder zuhause, Deinen Bericht über unsere gemeinsam verbrachte Zeit zum x-ten Mal gelesen und staune immer wieder über die vielen Details die Du bemerkt hast.(Na ,woher das wohl kommen mag).Und Danke, daß ich dabei so gut wegkomme.
Ja , es war eine aufregende ,aber auch sehr schöne Zeit, welche wir gemeinsam verbringen konnten und ich hoffe, daß uns dieses sehr schöne Hobby irgendwann und irgendwo wieder zusammen führt.
Ahoi und gute Reise
Ingolf Jorra