Reise-Km 3004 - 3101
Tag 229 - 233 (02. - .05.05.24), Wetter: bis 21°C, zumeist regnerisch
Es regnet viel in Frankreich. Offenbar hat sich über der Rhône und der Saône ein Schlechtwettergebiet verankert, dass viel Regen, niedrige Temperaturen und Wind mit sich bringt. Ungemütlich, zumal ich von den Daheimgebliebenen weiß, dass in Norddeutschland der Frühsommer ausgebrochen ist.
Gut, es ist nicht zu ändern und so geht es feucht unten herum und von oben eben weiter und zwar nach dem Zwangsaufenthalt an der Ecluse Ecuelles wegen des Feiertags bis nach St. Jean-de-Losne (Km 215), wo ich hinter dem Motorschiff „Tyr“ von Bob festmache.
Wir freuen uns auf das Wiedersehen und ich bleibe zwei Tage, das Regenwetter schränkt die Reiselust ein. So kann ich Bob zu einem seiner Aufträge auf einem ehemaligen Charterboot begleiten und ihm dort mit dem Thinkpad aushelfen, um die Programmierung an der Batterielade- und Solartechnik zu realisieren. Als ich da auf dem Wohnboot sitze, erzählt mir Bob, dass der Eigner und seine jüngst verstorbene Frau aus Rügen stammen.
Und über einem Sessel entdecke ich an einer Wand eine Luftaufnahme offenbar aus einem kleineren Flieger fotografiert, dass den Walfisch, also die kleine Vogelschutzinsel und dahinter die Insel Poel zeigt. Die Wismarbucht, das Heimatrevier der „Lotus“. Zufälle.
Nach einem Abend in einer urigen kleinen Kneipe an Stadtkai starte ich bei trübem Wetter am 04.05. weiter die Saône hoch. Der Abschied von Bob ist wieder so ein Moment mit feuchten Augen, vielleicht sehe ich ihn wieder.
Die dänische Familie mit ihrer „Vega“ macht sich etwas später auf und überholt die „Lotus“ nach der Schleuse Auxenne temporeich. Aufgrund des Tiefgangs des Seglers wählen sie den „Canal entre Campagne et Bourgogne“, der später über die Marne nach Norden führt. Wenn sie dann bei Nancy den „Canal de la Marne au Rhin“ nach Osten fahren, treffe ich sie möglicherweise auf der Moselle wieder.
Die Saône wird nach St. Jean de Losne deutlich ruhiger. Es sind nur noch Sportboote, zumeist Charterboote der Fa. LeBoat und wenige Eignerboote unterwegs. Frachtverkehr findet offenbar auf diesem Flussabschnitt nicht mehr statt.
Die Schleusen werden zierlich und sind mittels Fernbedienung selbsttätig zu öffnen. Dafür hängt vor dem jeweiligen Einfahrtkanal ein blau-durchsichtiger 1½-Zoll-Plastikschlauch entweder von einem gespannten Stahlseil oder einem Galgen herunter, den man – am elegantesten – in der Vorbeifahrt einfangen und mit einer Linksdrehung bedenken muss. Ein oranges Blinklicht quittiert, dass der Öffnungsbefehl an der Automatik angekommen ist. Es folgt das übliche Farbenspiel an den Schleusentoren, erst rot-grün und dann grün, die Tore sind geöffnet, Einfahrt.
Schleust man allein, ist der Platz an der Schleusenwand zu finden, wo die senkrechte blaue Stange in einer Wandnische eingelassen wurde. Ist das Boot festgemacht, genügt ein kurzes Schieben der Stange nach oben und die Automatik lässt ein Ton, meist ein Schellen, ertönen und die Schleusung beginnt. Rechts neben der blauen Stange ist ein rot ummanteltes Stahlseil oder eine schmalere rote Stange angebracht, das Not-Aus.
Die Schleusung, hier noch die Hebung des Wasserspiegels zwischen 1,50 und 2,00 m, geht wegen der überschaubaren Maße des Troges recht zügig und ist in wenigen Minuten erledigt. Man wird in den schmalen Schleusenkanal entlassen, der schon mal die knappe Tiefe von 1,50 m haben kann und dann wieder in die Saône mündet.
Die regennasse Flusslandschaft auf diesem Abschnitt vor dem „Canal des Vosges“ ist bezaubernd. In der Tat, manchmal hat der Laubwald rechts und links des Flusses etwas märchenhaftes und weil alles nach stundenlangem Regen vor Nässe trieft, fühle ich mich – auch einige Angler in ihren Regenmänteln harren aus – an das Lied der Regenballade von Ina Seidel (https://c.wgr.de/f/verlage/schroedel/978-3-507-47642-4/47642_s_92_93-regenballade.pdf), intoniert von Achim Reichel (https://www.youtube.com/watch?v=JYAAEN7DREE), erinnert.
Meine Fahrt an diesem Tag endet an der geschlossenen Schleuse von Apremont bei Km 270. Es ist 20.35 Uhr und meine Rückfrage bei Bob bestätigt, dass keine Schleuse nach 19.00 Uhr bedienbar ist. Man hätte es wissen können und so mache mich an dem Dalben mit dem Schlauchgalgen fest. In der Nacht regnet es massiv.
Der 05.05.24, ein Sonntag, der ab dem späten Vormittag hält, was er im Namen verspricht, ist mit 21°C tatsächlich recht warm und ich hänge die Regenklamotten, Handtücher, Handschuhe und Leinen an die Reling zum Durchtrocknen. Den Wetteraussichten zufolge erreiche ich damit nur einen kurzfristigen Zustand: bis Donnerstag der Folgewoche bleibt es regnerisch und windig.
Am frühen Nachmittag endet die Fahrt wieder an einer geschlossenen Schleuse, dieses Mal bei Km 306. Eine Péniche liegt direkt vor dem Schlauch, der die Schleusung einleiten soll und der Skipper an Bord bedeutet mir, dass die Ecluse „fermê“, also geschlossen sei. An dem ehemaligen Frachtschiff baut sich ein Päckchen auf, an dessen Steuerbordseite macht zunächst der neu erworbenen und schicke Flusskreuzer „Kelpie“ (schottische Wassergeist, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Kelpie_(Wassergeist)) aus der Schweiz und daran die „Lotus“ fest.
Davor am Wartesteg hat sich eine schwedisches Bavaria angebunden und auf der talwärtigen Seite der Schleuse warten zwei weitere Freizeitboote. Das sympathische eidgenössische Pärchen erfährt über die Gegensprechanlage der Schleuse, dass ein elektrischer Fehler im Flusstunnel hinter der Schleuse eine Weiterfahrt verbiete, eine angeordnete Entschleunigung also.
Nicht ganz so entspannt geht es nahe unserer Warteposition bei den drei Anglern zu. Einer der Herren zieht einen kapitalen Wels, sichtlich ermattet, aus dem Wasser. Nicht ohne Stolz werden an dem Fisch 1,30m Länge mit dem Maßband ermittelt. Mir geht es wie bei dem Thunfisch in Port-St.-Louise-du-Rhône.(s. https://fernwin.de/port-du-friuol-winterlager-port-saint-louis-du-rhone/).