Tag 78 - 82 (09. - 13.06.2023) Wetter: warm und sonnig, bis 28°C, teilweise Starkwind (Bora)
Nach der Nacht in der Uvala Draga/Silba geht der Törn mit der groben Richtung Istrien zunächst in die Uvala Baldarka unterhalb der Bucht mit der Hafenstadt (und Touri-Hotspot Sankt Martin-Luka Baldarka an der Ostseite der Insel Losinji.
Trotz 21 m Tiefe ankere ich in dieser niedlichen Bucht als einziger Segler und finde es wieder einmal bezaubernd. Die kleinen Wochenendhäuser, die Anhöhe, die Badebucht, das Wetter, alles passt soweit.
Von dort setze ich mich mit meinem Hackenporsche in Bewegung nach Sankt Martin Luka zum Lidl, ich muss Vorräte auffüllen.
Die Stadt reicht bis in meine Ankerbucht, es sind nur 1,5 km zur mondänen Hafenzeile mit den üblichen Restaurationen, Andenkenläden, Palmen usw., man kennt es. Aber in der zweite Zeile hinter der Hauptstraße finden sich wieder wertvolle Anblicke wie ein Hinterhof mit zahllosen Blumentöpfen und trocknender Wäsche oder ein ummauerter Garten mit Bananenpflanzen.
Vor dem Innenhof mit den Blumen frage ich die gärtnernde Dame wegen eines Fotos. Sie ist ein wenig stolz und ich freu mich über ihre Blütenpracht.
Von meiner kleinen Bucht geht die Tour tags darauf bei leichtem Regenwetter weiter vor die Brücke, die die Insel Losunj von der darüber liegenden Insel Cres trennt.
Die Brückenöffnungszeiten sind 09.00 und 17.00 Uhr, ich plane die nachmittägliche Passage und bin entsprechend pünktlich vor der Brücke, wo ich im Bojenfeld ein Boot im Shaggy-Look entdecke, mal was anderes!
Die Passage ist ein kleines Happening, rechts und links an den Brückenkanten der Schwenkbrücke stehen zahlreiche Schaulustige, teilweise mit Kaltgetränken in der Hand, dahinter einige Wohnmobile.
Man gibt sich das Spektakel der zunächst von S nach N durchfahrenden Boote und dann diejenigen der Gegenrichtung zu geben, teilweise unter Beifall und guten Wünschen.
In dem kleinen Brückenkanal ist eine massive Gegenströmung von gut 3 Knoten, die Verwirbelungen der Vorausfahrer lassen keine Unaufmerksamkeit zu, ich rotiere das Lenkrad. Wahrscheinlich warten die Zuschauer nur auf den einen oder anderen Rempler an den Mauern der nur wenige Meter breiten Durchfahrt; diese Sensationslüsternen!
Nach der Kanaldurchfahrt endet der Tag in der Bucht von Ustrine/Cres, um von dort am nächsten Morgen die 20 sm nach W in Richtung des Golfes von Zaljev mit der Ostseite von Istrien anzusteuern.
Es ist ein schöner Segeltag, bei sonnigem Wetter sind 3 – 5 Bft. ideale Segelbedingungen und zuerst erreiche ich das Kap von Kamenjak, die Südspitze von Istrien, wo wir Jungs uns 1984 auf den Klippen sonnten und dazwischen badeten und schnorchelten.
Es ist herrliches Sommerwetter und viele Badegäste tummeln sich dort, einige kleine Boote kreuzen meinen Fahrweg oder sind vor der Bucht festgemacht, ein sonntägliches Vergnügen.
Ich lasse den Anker fallen in Nähe der Bucht vor dem damals von uns besuchten Campingplatz Runke, wo ich mit dem Dinghi und dem Klapprad anlande und mich umschaue. Teile des Campinggeländes erkenne ich nach fast 40 Jahren wieder, so die Außenterrasse der Restauration und den Minimarket, ich kann aber den Platz unseres Zeltes nur erahnen, es hat sich doch einiges verändert.
Ich radele in den Ort Prementura und finde auch den Platz mit dem alleinstehenden Kirchturm wieder und bin im Zentrum der Stadt einigermaßen erschrocken, wie sehr alles touristisch erfasst wurde. Leider kann ich die Gaststätte mit der Außenterrasse nicht wiederfinden, in der wir Drei es uns oft abends bei üppigem Essen zu günstigen Preisen haben gut gehen lassen.
Aber insgesamt hat der Trip Spaß gemacht und ich kann so manche Erinnerungen zurückholen, denke viel über Vergangenes nach und werde auch ein wenig melancholisch darüber, was in den vergangenen Jahrzehnten passierte, wie sich mein Leben entwickelte und wie viele Nahestehende schon gestorben sind.
Lange Zeit zum Schwelgen bleibt mir nicht, die Vorhersagen für das Wetter des Abends und der nächsten Tage deuten eine schwere Bora an, die in der kommenden Nacht ihren Höhepunkt hat und die Kvarner Bucht für weitere zwei Tage im Griff halten wird. Ich mache mich deshalb gegen 19.30 Uhr auf und will durch die Nacht fahren, um rechtzeitig die westlich von Cres vorgelagerte Insel Unije mit einer gegen N geschützten Bucht auf der Ostseite zu erreichen.
Den Törn mit etwa 20 sm nach O habe ich mit 4 Stunden geplant, die Starkwinde aus N sollten erst gegen Mitternacht durchgehen.
Mir fehlt am Ende des Segeltages letztlich eine Stunde, die mich zur schützenden Ostseite von Unije bringen sollte. Ich muss aber gegen die Wellenberge bei 7 Bft. aufgeben, beidrehen und nach Süden vor den Wind gehen, wo ich stundenlang bei massiven Böen bis 31 kn achterlich nur mit Stützsegel und unter Motor weitere 20 sm durch die Nacht fahre, um gegen 04.30 in der Uvala Artaturi vor Anker zu gehen. Im Restlicht des abnehmenden Mondes und etwas später in beginnender Morgendämmerung kann ich auch anhand der Ankerlichter erkennen, das ich hinter zahlreichen anderen Segelbooten liege. Alles scheint gut.
Nach nur 3 Stunden Schlaf gehe ich zur Toilette und bemerke durch das kleine Fenster, das sich die „Lotus“ vom Ankerfeld etwa zweihundert Meter entfernt hat und imit schleifendem Eisen zum Buchtausgang driftet. Ein Blick auf das Display mit der Anker-App bestätigt das. Es wurde auch der Ankeralarm ausgelöst, aber den muss ich schlicht überhört haben, so tief habe ich offenbar geschlafen.
Von vorn steht der Wind mit einer guten 5, in Böen 6, die Bora ist noch nicht durch. Ich hole den Anker auf und der fördert eine Menge ausgerissenes Seegras nach oben, der Grund, warum der nicht hielt. Zum einen ist es fatal, die so wertvollen Seegraswiesen zu schädigen und zum anderen kann ein Anker in dem rechten locken Bewuchs nicht halten, sich nicht fest eingraben, man vermeidet es deshalb besser. Nur war in der ausgehenden Nacht der Grund nicht einsehbar und mit 15 m auch zu tief.
Noch sehr aufgebraucht, fahre ich in eine kleine Bucht, die Uvala Sunfarni am südwestlichen Ende der Insel Losinj, wo ich zwei Tage zum Ausruhen, Richten der Ausrüstung und Baden komme. Nur zwei bis zeitweise drei andere Boote sind in der Bucht, eine Chartermännercrew aus Holland macht später Party in der Nacht zu Dienstag, ich bekomme davon kaum etwas mit, gehe früh in die Koje und schlafe ausgiebig.
Der nächtste sonnige Tag. Mit dem Dinghi paddle ich die Bucht ab und an einem kleinen Kiesstrand in Nähe der „Lotus“ treffe ich auf das junge und und auf Anhieb sympathische Pärchen Hauke und Mathias aus Nordhorn, die mit ihrem Camper in der Nachbarbucht stehen. Sie sind mit ihrem schicken Schlauchboot um die Ecke gekommen, um den Nachmittag in der Sonne zu genießen. Ich bekomme ein Bier angeboten und wir sinnieren u.a. über die Annehmlichkeiten, die das Leben bieten kann.
Vielleicht übernehmen die beiden meine Anregung, mit dem Segeln anzufangen, wegen der Nähe zum Ijsselmeer ist man schon im Besitz der Bootsführerscheine Binnen und See und was liegt somit näher? Und es gilt nach wie vor: Man muss einfach mal machen!